Tagebuch




Relaxed in Portland


Emma, Peter, Gabi & Jürgen in der Deschutes Brewery, Portland, OR

Heute morgen werden erst mal die „Hausaufgaben“ von gestern nachgeholt, sprich: Tagebuch geschrieben. Das geht hier sehr gut, weil ich einen schönen Schreibtisch mit vernünftigem Stuhl habe, sehr schön! Nach gemütlichem Frühstück machen wir uns auf die Socken, kleines Gepäck - wir wollen Portland erkunden.

Nach kurzem Fußweg erreichen wir das Hospital - hier fährt die Straßenbahn vorbei, die wollen wir nehmen. In der Wartezeit kann ich ein paar Studien machen bzgl. Rettungsdienst, denn hier fahren gleich 4 RTW gleichzeitig vor. Schnell sind zwei Daytickets gekauft, mit jeweils 5,00 $ können wir nun alle öffentlichen Verkehrsmittel hier benutzen - tun wir dann nur nicht.

Ok, die Hinfahrt in die Stadt geht per Straßenbahn. Eine junge Dame weist uns plötzlich im besten Deutsch darauf hin, dass hier „Powell’s Books“ kommt - das wollten wir uns eh ansehen. Also raus aus der Bahn.

Der Buchladen ist mit 1 Million gebrauchter und neuer Bücher der größte unabhängige Bookshop weltweit. Dabei kommt er urig und gemütlich rüber. Überall diese einfachen, alten Holzregale. Und die Idee finde ich super: man kann hier seine alten Bücher in Zahlung geben und die werden dann wieder verkauft. Die Auswahl ist wirklich atemberaubend. Wir schauen uns um, finden in der „deutschen Abteilung“ einen jungen Mann, der sich freut, seine Deutschkenntnisse unter Beweis zu stellen und entdecken sogar Goethes Faust neben dem Grüffelo.

Weiter geht es zum Pioneer Courthouse Square, einem der zentralen Punkte. Wir streifen durch Sportgeschäfte, sehen dem bunten Treiben zu und nähern uns dann der Waterfront. Hier joggt und radelt alles, was das Zeug hergibt. Andere schlendern wie wir am Columbia River entlang. Viele Brücken gibt es, z.T. sehr alte. So erreichen wir die Old Town, die mit Chinatown identisch ist.

Später schließt sich der Kreis, als wir wieder in den Pearl District mit den vielen Geschäften und Brauereien wechseln. Noch mal „kurz“ zum Apple-Store, das hat sich ja inzwischen zu einer Masche entwickelt. Nun haben wir aber wirklich Durst und gehen für 1 Bier (so der Vorsatz) in die Deschutes Brewery.

Dort habe ich das Geld schon auf dem Tisch, da wir gehen wollen, als sich Emma und Peter zu uns setzen. Sie leben in San Francisco und wir beginnen zu reden. Das entwickelt sich so nett, dass wir noch ein Bier und Cider bestellen. Und noch eins. Und Garlic Fries, die wir gemeinsam verputzen. Das Bier ist prima - das Gespräch noch viel besser. Alles kommt dran: unsere Urlaube, was wir beruflich so machen, wie das Leben in den USA und Europa/Deutschland so ist, wie der Präsident, dessen Name nicht genannt wird (Harry Potter lässt grüßen und wir lachen herzlich über den Vergleich), in sein Amt kam, wie das mit den Flüchtlingen so ist hier und dort und warum in Deutschland wohl viele vergessen haben, wie schlecht es dem Volk mal ging etc. etc.

Super Englisch-Training und wir reden uns bestimmt 2 Stunden die Köpfe heiß. Immer ernsthaft, aber auch sehr vergnügt, entspannt und freundschaftlich. Wir machen uns auf Facebook bekannt miteinander, gucken in unsere Webseite, lassen uns fotografieren und hätten gut den Rest des Urlaubs miteinander verbringen können. Die beiden sind einverstanden, dass wir dieses Foto veröffentlichen und wir besprechen noch kurz das Thema „Datenschutz in der EU“. Zum Abschied erzählt Peter (zur Hälfte Ungar, zur Hälfte Mexikaner, aber in den USA geboren) noch seinen Lieblings-Golfer-Witz mit Jesus und Moses. Ach, ist das nett mit den beiden. Ganz lieben Dank für den tollen Nachmittag, das war so schön mit euch!!

Nun wollen die zwei aber noch zu Powell’s und wir haben feste Nahrung nötig. Warum zur nächsten Brewery (der ältesten Portlands) mit der Bahn fahren, wenn wir zwei gesunde Füße haben? Dort gibt es ein letztes Bier und einen Burger für jeden. Den Rest des Nachhauseweges schaffen wir jetzt auch noch. Um 19 Uhr sind wir wieder im Zimmer, Gabis Tacho zeigt 15,5 km Fußweg. Bettschwere haben wir auch, also ein verspäteter Mittagsschlaf?

Noch nicht zu Ende gedacht, da schlafen wir schon. 2 Stunden! Jetzt ist die Website fertig, wird gleich final hochgeladen und dann überlegen wir mal, ob wir morgen nach Plan verfahren oder ob uns noch was Zusätzliches einfällt. Der Tag ist jetzt im wahrsten Sinne des Wortes auch vorbei.

Portland jedenfalls ist eine total entspannte und sehr schöne Stadt. Leider liegen hier und da ein paar Leute auf dem Gehweg, die müde sind (?) und denen es nicht so gut geht wie uns. Alles in allem aber fühlen wir uns hier pudelwohl! Viel Grün, Wasser, Bier (hihi) und super nette Leute.

Tagesetappe: 15,5 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Silver Cloud Inn, Portland, OR

Unglaubliche Kräfte …


Gabi im Mount St. Helens National Volcanic Monument, Elk Rock Viewpoint, WA

Einen richtig gemütlichen Frühstücksraum haben die hier im The Dalles Inn, mit Boothes, in denen man gemütlich sitzen kann. Wir lassen es heute ganz relaxed angehen. Das Frühstück ist ok, was aber bemerkenswert ist: auch hier wird umfassend Mehrweggeschirr und -besteck eingesetzt. Ein Trend, den wir schon in den vorherigen Motels z.T. zu unserer Freude vermerken konnten.

Überhaupt scheint hier in dem Land, in dem es nach der Meinung eines gewichtigen Staatsmannes keinen Klimawandel gibt, ein diesbezügliches Umdenken Einzug zu halten. In den großen Supermärkten wird sehr viel „Organic Food“ angeboten, dazu sehr, sehr viele Getreide, Nüsse, Gewürze, Müslis, Reissorten etc. zum Selbstabfüllen - also ohne Einwegverpackung. Und auch in der Obstabteilung, letzte Tage konnten wir unsere Pflaumen in Papiertüten packen. Gut, dass die freundliche Kassierein diese Papiertüte zusammen mit den übrigen Einkäufen wieder in eine Plastiktüte steckte - daran arbeiten wir noch. Aber auch an der Kasse hören wir immer häufiger (auch in den vergangenen Jahren schon): paper or plastic? Gut so, weiter so!

Planmäßig geht heute unsere Reise (grob) entlang des Oregon Trail zu Ende. Mit Portland werden wir den westlichsten Punkt erreichen, den die Siedler damals anvisiert haben. Deshalb noch mal kurz inne halten und „Respekt“ zollen für diese Hammerleistung. Wir kurven hier mit unserem CX-5 über jede Mountainrange, in Serpetinen hoch und runter als sei es nix. Das mit Ochsenkarren, den Gefahren von Unfällen, Stromschnellen, Seuchen, Indianerüberfällen, Streitigkeiten untereinander, Hunger und Durst etc. zu meistern - unglaublich. Das müssen schon Kräfte gewesen sein, die die Menschen damals zu solchen Taten bewegt und getrieben haben. Anziehungskräfte wahrscheinlich - die des „gelobten Landes“.

Auf unserer Reise in den letzten Tagen haben wir auch ganz viel Landwirtschaft gesehen. Wo immer Talgrund oder nur sanft hügelige Weite zu finden war, wird Ackerbau und Viehzucht betrieben. „Food on Hooves“ hieß das bei den Siedlern. Heute stehen die großen Rinderherden hauptsächlich für Steaks, Burger, Milch und co. Gar nicht so anders als damals wahrscheinlich. Und die ein oder andere gigantische Beregnungsanlage werdet ihr vielleicht auch auf einem Foto entdeckt haben?

Heute soll es durch die Columbia River Gorge nach Portland gehen. Schlappe 177 km, das klingt easy. Im Hotel erklärt uns die Dame am Empfang nach telefonischer Rücksprache mit ihrem Mann, dass der alte Highway US-#30 zum Rowena-Viewpoint hoch über The Dalles nach den verheerenden Waldbränden inzwischen wieder befahrbar sein müsste. Sicherhheitshalber halten wir aber noch Columbia Gorge Discovery Center und bekommen da perfekte Auskunft für den Tag, auch zu Sperrungen der US-#30 wegen der damaligen Brände auf der weiteren Strecke bei den Wasserfällen. Perfekter Service.

Am Aussichtspunkt haben wir eine tolle Sicht auf den Columbia River. Dieser stellt die Grenze zwischen Oregon (hier) und Washington (auf der anderen Seite) dar. Einige schöne Fotos gelingen auch zu der Straße, die uns hochgeführt hat.

Planmäßig rollen wir bei Hood River über eine Mautbrücke (abenteuerliche Stahlkonstruktion) auf die Washington-Seite, um von dort einen Blick auf die bewaldete Seite Oregons zu erhaschen. Und natürlich auf den Mount Hood, den wir gestern schon immer wieder im Blick hatten und der sich von hier im besten Licht zeigt - perfekte Sicht. Später soll es dann über die „Bridge of the Gods“-Brücke wieder zurück auf die andere Seite und zu den Wasserfällen gehen um dann in „Null Komma Nix“ in Portland zu sein. Doch es kommt anders. Ganz anders!

Hinter der Brücke auf die Washington Seite befindet sich nämlich ein Visitor Center. Und da tut heute eine ganz findige und engagierte Dame Dienst. Bei unserer Routenplanung haben wir uns echt viel Mühe gegeben, alles unter einen Hut zu bekommen. Was einfach nicht hineinpasste war der Mount Rainier NP und das Mount St. Helens National Volcanic Monument. Nun hatte uns in den Painted Hills eine Lady, mit der wir uns unterhielten, schon den Floh ins Ohr gesetzt, dass der Mt St. Helens von Portland aus durchaus machbar sei, z.B. am Samstag auf dem Weg nach Long Beach.

Zurück zum Vistor Center - da kann man ja mal fragen, wie das ist, übermorgen mit dem Mt. St. Helens. Die Dame schmeißt uns förmlich zu mit Infomaterial und Landkarten, zeichnet hier und skizziert da - die ist einfach unglaublich. Kurz gefasst: heute ist das Wetter perfekt, die Sicht gut und der Weg von hier aus durch den riesigen Giffort Pinchot National Forest zwar weiter, aber ungleich schöner als über die Interstate von Portland aus. Und Samstag soll das Wetter ja schlechter sein - da kann man doch besser Zeit in der Stadt verbringen und HEUTE zum Vulkan fahren …

Gesagt getan, kurz entschlossen schmeißen wir unseren Plan über den Haufen. Allerdings ist es schon ganz schön spät am Vormittag. Egal - die Zeit wird reichen, aber die Fahrt lang. Auftanken und ab in den Wald. Lange, gerade Strecken wechseln sich ab mit endlosen Kurven, bergauf, berab, Indian Summer, traumhaft.

Dann der erste Viewpoint auf den Mt St. Helens - noch ganz weit weg. Dennoch schön und wir sehen die weitestgehend unversehrte Südwand. Dann sehen wir den Berg eine ganze Weile nicht mehr, bis wir am Visitor Center des Nation Monument auf der Westseite des Vulkans ankommen. Weitere Info einholen - von hier aus noch eine Stunde Fahrt bis zum Zielpunkt. Gabi übernimmt das Steuer, wir halten an einigen Viewpoints und erreichen dann gegen 16:00 Uhr das Johnston Ridge Obervatory - direkt gegenüber der Nordflanke des Mt. St. Helens.

Im Visitor Center schauen wir uns einen Film an, gute Viertelstunde. Hier wird uns die Macht der Erdgewalten optisch und akkustisch sehr fühlbar nahe gebracht. Und wieder stehen wir staunend draußen und blicken auf die Apokalypse. Das besondere an diesem Vulkan (wir haben ja schon einige gesehen und sogar auf ihnen übernachtet - Yellowstone, Hawaii): an den gewaltigen Ausbruch am 18. Mai 1980 können wir uns beide noch gut erinnen. Nicht aber daran, was wirklich passierte:

Die komplette Nordflanke des Vulkans rutschte völig unerwartet in einem gigantischen Erdrutsch ab. Der Vulkan spie Asche bis 15 Meilen hoch in die Atmosphäre, der „Blast“ fegte ganze Wälder weg, geschmolzenes Gletschereiswasser aus dem Vulkan rauschte den Berg hinab und nahm die Baumstämme mit sich, die wiederum Brücken und Straßen beseitigten, die Landschaft veränderte sich umfassend, 57 Menschen kamen zu Tode. Die Asche verteilte sich damals um die ganze Welt.

Ich kann nur sagen: unfassbar, erst recht, wenn du dort stehst und auf die gigantischen Ausmaße des Berges, Tales etc. schaust. Einige entwurzelte oder „entzweigte“ Stämme liegen oder stehen immer noch am gegenüber liegenden Hang. Ich habe auf die Schnelle mal ein Video auf Youtube gefunden, das einen kleinen Einblick gibt - einfach klicken. Wer googelt, findet noch viel mehr dazu.

Das hat sich wieder mal echt gelohnt, nun nehmen wir die 2 Stunden Fahrt nach Portland unter die Räder, diesmal die letzte Stunde über die Interstate. Es ist nahezu dunkel, als wir ankommen und die innerstätdische Verkehrsführung der Interstates kann sich sehen lassen. Noch nie bin ich über eine 5-6-stöckige Autobahn gefahren. Wie baut man so was??

Zimmer beziehen, einmal um den Block, ein Restaurant suchen. Wir finden was ganz uriges, natürlich eine Mikro-Brauerei, den McMenamins Tavern & Pool Brew Pub. Hier wird Pool gespielt, getrunken, gegessen und gelacht. Wir sind echt hungrig, bestellen eine 16’’-Pizza (totaler Wahnsinn) und essen sie bis auf ein wenig Kruste komplett auf. Dazu habe ich wieder interessante Biere und Gabi Cider (1x mit Erdbeergeschmach, 1 x mit Blueberry). Die Bierkarte bei den Fotos gibt nur einen Auszug der vom Fass erhältlichen Biere wieder - ich hatte das „Ruby“ und das „Tropical Heart Sour“.

Wieder im Zimmer schaffen wir nur noch die Fotos, dann schauen wir noch ein wenig fern, bevor um 00:00 Uhr die Augen zufallen. Morgen (heute): ein ruhiger Tag in Portland - wenn wir nicht wieder umplanen …

Tagesetappe: 515 Kilometer gefahren
Übernachtung:
Silver Cloud Inn, Portland, OR

Hier war was los ...


Gabi auf dem "Island in Time Trail", John Day Fossil Beds NM (Sheep Rock Area), OR

… und das bezieht sich auf die Zeit vor zig Millionen Jahren ebenso wie auf den heutigen Tag. Ich muss mich aber angesichts der Uhrzeit kurz fassen (grins).

Frühstück gibt es nicht im Motel und einkaufen müssen wir ohenhin. Unser Wasser geht zur Neige. nach dem Riesenabendessen gestern ist uns nicht nach noch einem „real american breakfast“. Also fahren wir in den Supermarkt, kaufen ein und nehmen was warmes zum Früstück mit, das auch auf der Fahrt verzehrt werden kann: kleiner Burrito und Bagel, dazu 2 große Kaffee.

Noch in John Day fällt uns beim Vorbeifahren ein Schild an der Autowerkstatt auf: „Back again: pumpkin spiced motor oil!“ Ist das ein Scherz? Es spricht für sich, dass wir ernsthaft in Erwägung ziehen, dass der geneigte Autonarr seinem liebsten Stück tatsächlich zu Halloween Einen Ölwechsel „mit Kürbisgeschmack“ gönnt.

Nur wenige Meilen weiter das Ortseingangsschild von Dayville (siehe Foto) - wir sind ja heute den ganzen Tag immer noch auf dem „Journey through time Scenic Byway“. Na, die haben wenigstens Humor …

So erreichen wir bald nach den Painted Hills gestern die zweite „Einheit“ des John Day Fossil Beds NM: die „Sheep Rock Unit“. Im Visitor Center machen wir uns schlau, was die Trails angeht. Und wir staunen, was die hier im Nirgendwo aufgebaut haben: nicht nur eine große paläontologische Forschungsstation, sondern auch eine echt sehenswerte Ausstellung an Fossilien und Exponaten. Toll aufgemacht, dazu röhren und grunzen im Hintergrund auch immer noch die Dinosurier und Urzeittiere als Soundtrack. Sehr authentisch!

Wir schauen uns noch einen Film an und ich muss sagen: hier war tatsächlich einiges los vor zig Millionen Jahren. Immer wieder Vulkanausbrüche, Lavaflows, Ascheregen, Modderfluten, Überschwemmungen etc. So entstanden nach weiterer Errosion die Schichtgesteine in allen Farben, die wir auch gestern schon so genossen haben. Zusätzlich sind Fossilien zu finden und zwar in Massen - deshalb wird hier so intensiv geforscht.

Die Trails in der Sheep Rock Unit fesseln uns wieder, auch weil wir wiederum kaum jemanden treffen. Auf dem „Island in Time Trail“ mit seinen grün-blau-türkis-Ablagerungen und Formationen treffen wir zwei Paare aus Portland, die gerade im Ruhestand sind und nun die Nationalparks Oregons, Uthas und Arizonas erkunden. heute ist ihr zweiter Tag von 6 Wochen. Und sie staunen nicht schlecht, dass wir die Parks, die sie besuchen wollen, schon z.T. mehrfach besucht haben. Sie bekommen die Website empfohlen (für Fotoanregungen) und ein paar Tipps obendrauf. dann mache ich ein paar Bilder von ihnen und sie eins von uns.

Es folgen der „Flood of Fire Trail“ (man sieht die Lava geradezu heute noch fließen) und der „Story in Time Trail“ (mit noch grüneren Ablagerungen). Die Lanschaft auf der Weiterfahrt ist unbeschreiblich. Ihr könnt es wahrscheinlich nicht mehr hören bzw. lesen. Aber die Aussicht hier beim Fahren ist der Oberhammer. Nur einige wenige Fotos vom Wegesrand haben wir mit eingestellt.

In der „Clarno Unit“ (der 3. und weit entfernten Einheit des NM) können wir auf dem „Trail of Fossils“ dann tatsächlich Fossilien suchen und finden. Und wir müssen immer ein Auge darauf haben, ob hier in der Hitze nicht doch irgendwo ne Klapperschlange rumrasselt. Sie verhalten sich ruhig. Die Fossilien sind aber sehenswert. Einmal ein großer, runder und roter Baumstamm, der versteinert im Fels eingeschlossen ist. Und dann auch Blätter - auf dem Foto sind hoffentlich 2 rote und 2 weiße Blätter zu sehen - gefunden?

Shakino schafft sich selber ab und das wollten wir sehen. Der kleine Ort lässt sich so gehen, dass hier nach und nach eine echte Ghost Town entsteht. Traurig, aber wahr. Gut, das wir neben dem alten Feuerwehrauto, auf dem ich mich fotografieren lasse, auch ein neues finden und Rettungswagen dazu.

In „The Dalles“ erreichen wir gegen 17:30 Uhr auch wieder den Columbia River, der uns morgen ein gutes Stück begleiten wird. Im „Clocktower“ neben dem Motel gibt es wieder massenweise Zapfhähne für lokale Biersorten. Ich probiere wieder und wir essen lecker.

Mensch - ein Tag besser als der andere, was haben wir für ein Glück. Heute war echt wieder was los -wir haben es sehr genossen.

Morgen früh erreichen wir als erstes die Wetterscheide zwischen dem sonnigen Osten und dem üblicherweise regnerischen Westen. Das könnte nichts Gutes bedeuten. Ein vorsichtiger Blick auf die Wetter-App, wie es morgen und übermorgen in Portland aussieht: jippie!! Sonnig, kein Regen, 30 Grad! An beiden Tagen! Portland - wir kommen!!

Tagesetappe: 348 Kilometer gefahren, 8,4 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
The Dalles Inn, The Dalles, OR

Journey through time


Gabi und Jürgen am Painted Hills Overlook, John Day Fossi Beds NM (Painted Hill Area), OR

Ok - keine Klapperschlangen, keine großen Bären. Ansonsten gab es alles andere, was das Herz begehrt - ein perfekter Tag!

Alles fängt mit einem „richtigen“ amerikanischen Breakfast an. Bislang gab es immer Motel-Kost, heute frühstücken wir im Oregon Trail Restaurant. A la carte! Im gleichnamigen Motel gibt es nämlich kein Frühstück, im angeschlossenen Restaurant gegenüber aber 2,00 $ Rabatt aufs Frühstück. Ich kriege meinen geliebten Frühstücksburrito (Hashbrowns, Eier, Bacon, Käse gepresst in einen Maisfladen, dazu Salsa und Sour Cream) und Gabi bekommt ihr „Country Breakfast“ - das gleiche, nur ohne Taco, dafür mit Toast. Dazu Kaffee satt und eine Kellnerin, die vor Freundlichkeit nur so strotzt. Das halbe Dorf frühstückt hier offensichtlich - einen typischern Diner kann man sich nicht vorstellen.

Um 09:00 Uhr kommen wir endlich weg. Kurz tanken - das mag ich auch sehr: Mastercard rein in die Zapfsäule, volltanken, Quittung entnehmen und weiter fahren. Gen Westen rollen wir und das Wetter spielt wieder mit. Super!

Am Highway #7 liegt links plötzlich das McEwen Depot. Wir sehen nur Eisenbahnwagons und sind schon abgebogen. „Sorry, we’re closed“ - aber eine Kette haben sie nicht vorgehängt. Also ist alles frei zugänglich, klasse. Wir stromern nach Herzenslust auf den Gleisen umher und machen ein Foto nach dem anderen. Sehr schöne Ausbeute. Wann bekommt man das schon mal geboten?

Wenige Meilen weiter rechts abbiegen. Die Sumpter „Gold Dredge“ ist zu besichtigen. Auch hier wieder: außer uns - kein Mensch. Das ist übrigens schon die ganzen Tage so. Hier bist du noch viel, viel einsamer unterwegs als im Südwesten. Wir treffen quasi überhaupt niemanden und auch die Autos auf dem Highway sind an einer Hand abzuzählen. Wenn ich mal schreibe, dass wir Fotos von jemandem machen oder mit jemandem reden dann sind das wirklich die absoluten Ausnahmebegegnungen.

Die Gold Dredge ist ein alter Bagger, der hier zwischen 1935 und 1957 4,5 Mio. $ Gold gefördert hat. Hat so was von Gartzweiler für Gold, aber deutlich kleiner. Im Vergleich zu der „Handwäsche“ ist das aber schon ziemlich industriell gewesen. Ein Riesenteil übrigens, das von uns äußerlich und innerlich genauestens inspiziert wird. Und auch den angrenzenden Trail laufen wir ab, kreuz und quer durch den ehemaligen Abraum. Ob hier nicht doch noch ein paar Körnchen Gold liegen?

Vor ein paar Tagen (am 20.09.) haben sie hier einen Bären gesichtet. Den sehen wir nicht, dafür springt plötzlich ein Mule Deer auf den Weg, gefolgt von einem zweiten. Sagenhaft!

Weiter geht es nach Prairie City. Wir steigen aus und wieder ein. Hierzu gibt es nichts zu berichten, ein Nest! Um 12:30 Uhr sind wir in John Day an der Unterkunft und können auch gleich einchecken. Die Dame am Empfang ist nett und vermutlich Inderin. Mein Englisch scheint besser als ihres und Gabi meint, sie sehe aus wie eine Tochter (oder Schwester?) von Mutter Theresa (deren Foto groß in der Lobby hängt).

Wir ruhen eine Stunde aus, denn in den Painted Hills wollen wir das Abendlicht genießen. Die Fahrt (mit Unterbrechungen 2 Stunden) zu diesem Teil des John Day Fossi Beds National Monument übernimmt Gabi. Unterwegs gibts wieder tolle Aussichtspunkte, Cowboys am Wegesrand, die eine Kuhherde treiben und einen Airstream-Wohnwagen, der länger vor uns her fährt.

Dann haben wir die roten Steine erreicht, treffen einen Ranger, der uns mit Kartenmaterial aushilft und auch einige Ausgrabungsstücke zeigt - Dinosaurierknochen. Er beglückwünscht uns zum Wetter und zur gewählten Uhrzeit; wir genießen die Einsamkeit und Stille hier und klappern drei kürzere Trails ab: den „Red Hill Trail“, den „Painted Cove Trail“ und den „Painted Hills Overlook Trail“ - letzteren im besten Abendlicht. Schaut euch die kleine Auswahl (!!) an Fotos an - toll, oder?

Als wir endlich wieder raus fahren steht eine ganze Herde Mule Deer in der Wiese. Die Rückfahrt klappt super. Hinter uns färbt die untergehende Sonne alles in Gelb- und Orangetöne, vor uns erscheinen die Wolken mit lila-rosa-Schimmer. Unglaublich! Gott sei Dank springt uns in der Dämmerung kein Deer vor den Kühler. Leider liegt immer wieder Fallwild am Straßenrand und das war unsere größte Sorge.

In John Day suchen wir die „Outpost“ auf - ein weiteres typisches Diner, aber mit Bar. Daher gibt es zwei bislang unbekannte, leckere Gezapfte für mich und Rotwein für Gabi. Dazu eine Riesenpizza und einen Salat mit Teryakihuhn und gebratenen Reisnudeln. Puh! Der Tag endete, wie er begann: mit Kalorienbomben. Er war aber auch wirklich perfekt.

Jetzt ist es nach 11 Uhr und Gabi schläft schon länger. Ich bin fertig (und fix), baue jetzt das Tagebuch noch ein und lade alles hoch. Gute Nacht. Morgen kommt u.a. der zweite Teil des John Day Fossils Bed NM zu seinem Recht.

Der Highway heute und morgen ist übrigens ein „Oregon Scenic Byway“, eine besonders schöne Straße mit viel Aussicht und sie trägt den Beinamen „Journey through time Scenic Byway“. Eine Reise durch die Zeit war das heute wirklich mit der Eisenbahn, dem Goldbagger und den Fossilien.

Tagesetappe: 405 Kilometer gefahren, 9,5 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Dreamers Lodge, John Day, OR

Oregon Trail


Gabi am Hells Canyon Overlook, Wallowa Mountain Loop, OR

Ein Tag ganz im Zeichen des Oregon Trails liegt hinter uns.

Wir lassen es ruhig angehen. Draussen zeigt das Wetter strahlendblaue, sonnige 3 Grad Celsius (über Null!) und wir frühstücken erst mal gemütlich. Welch ein Wetterglück wir bislang hatten. Der Tag verspricht super sonnig zu werden - ich bleibe bei meiner kurzen Hose.

Gleich hinter Joseph zeigen sich mehrere dieser wundervollen Barns im strahlenden Sonnenlicht. Rot leuchten die Scheunen vor der Bergkulisse. Immer wieder halten wir für Fotos an. Sorry Borch, dass wir nicht zu Hause sind für ein gemeinsames Bier - das holen wir bestimmt nach; aber danke für das liebe Telefonat mit good old germany.

Wir nehmen nicht die direkte Strecke nach Baker City sondern nehmen einen zeitlichen Umweg in Kauf. Das war von Anfang an so geplant, ist doch die „Wallowa Mountain Loop“ eine der ausgezeichneten Strecken in Oregon. Und ich muss sagen: zu Recht! Das ist sicher eine (weitere) der schönsten Straßen, die wir hier im Westen je gefahren sind. Natürlich tun das Wetter und die Herbstfarben ihr übriges dazu.

So kurven wir wieder über endlose Serpentinen, treffen kaum ein anderes Auto. Die Straße ist „very curvy, but two lane paved“, wie die nette Dame im Visitor Center Enterprise uns heute noch mit auf den Weg gab. Ich wollte sicher sein, dass sie nicht aus irgendwelchen Gründen gesperrt ist. Eine tolle Fahrt!

Mal wieder irgendwo ganz oben angekommen geht es links ab zum „Hells Canyon Overlook“ - dem zweiten Grund, warum wir gerade diese Strecke nehmen. Die tiefste Schlucht Nordamerikas ist nämlich mit 1.900 m der Hells Canyon, während der Grand Canyon es auf „nur“ 1.800 m bringt. Habe ich auch erst bei der Urlaubsplanung erfahren, aber diese Aussicht wollen wir natürlich mitnehmen. Nun ist das nicht ganz so spektakulär wie am Grand Canyon, denn man kann hier nicht bis unten in die Schlucht sehen - Gabi hüpft dennoch vor Freude.

Und wieder unterhalten wir uns mit einem amerikanischen Pärchen, er war in den 80ern in Frankfurt stationiert. Fotos - ich werde sie ihnen schicken und sie sind so dankbar.

Weiter geht es durch traumhafte Landschaft und bald biegen wir Richtung Westen ab. Kurz vor Baker City, unsrem heutigen Ziel, erreichen wir am Flagstaff Hill das National Historic Oregon Trail Interpretive Center. Dieses beinhaltet eine beeindruckende und bewegende Ausstellung zum Oregon Trail, der hier vorüber führt. 2.000 Meilen weit haben sich die Menschen im 19. Jahrhundert über 6 Monate lang auf diesem „Weg“ von Independence, Missouri bis in den Westen (Utah, Kalifornien, Washington) und zum Teil auch bis Portland/Oregon City gequält.

Es waren Auswanderer, Deutsche, Amerikaner, Iren, Spanier etc. die mit Ochsenkarren zunächst wegen des Weidelandes und der verheißungsvollen Zukunft, später auch wegen des Goldes (dann aber eher Richtung Kalifornien) den langen Weg auf sich nahmen. Jede/r 10. blieb auf der Strecke - im wahrsten Sinne des Wortes. Die Ausstellung ist wirklich super, draußen finden sich auch noch einige Planwagen und unten am Highway ein Stück weiter besonders geschützte „Original-Spuren“ des alten Trails. Natürlich gibt es auch davon ein paar Bilder.

2014 haben wir schon mal auf dem Oregon Trail gestanden, allerdings damals im Scottsbluff National Monument in Nebraska - das ist ein ganzes Stück weiter östlich.

Der Name unseres Motels passt: Oregon Trail Motel in Baker City. Eine einfachere und günstigere Absteige, aber für die eine Nacht völlig ok. Wir machen uns sofort auf, Baker City zu erkunden, das immerhin auch einen „Historical District“ hat. Unglaublich, diese Stadt. Wenige echte Prachtbauten (wo kommen die her)? ansonsten ist die Main Street eine einzige Enttäuschung. Puh, ist das abgewrackt hier.

Ein Lichtblick: Der „Barley Brew Pub“ - wir kehren ein und setzen uns an die Theke. Ich trinke 2 von den selbstgebrauten Bieren und bin wieder total begeistert. Das „Hot Blonde“ ist mit Jalapenos, Zitronenzesten und Zitronengras gebraut und schmeckt auch wirkllich höllisch scharf. Das „Coyote Peak Wheat“ ist ein milderes Weizenbier. Gabi gönnt sich ein Cider und einen Bourbon „on the rocks“. Leicht angeschickert suchen wir unser Zimmer auf. Da versorge ich schon mal die Bilder, dann ziehen wir nochmal los und landen schließlich gegenüber im zum Motel gehörenden „Oregon Trail Restaurant“.

Das ist ein typischer Diner - morgen gibt es hier auch Frühstück für uns. Wir werden super freundlich bedient und Gabi greift zum Ranch-Burger, ich zum Chilli-Burger. Beides Klasse! Jetzt ist das Tagebuch fertig und der Tag fast vorbei.

Morgen haben wir einiges vor. Nicht nur die Fahrt nach John Day mit einigen Dingen auf dem Weg. Nein - der Plan ist, nachmittags über John Day hinaus zu fahren und schon mal einen Teil des John Day Fossils Bed National Monumnet anzuschauen. Dieses besteht aus 2 sehenswerten Teilen. Je einer soll morgen und übermorgen dran sein. Da das alles aber wieder mal irgendwo im Nirgendwo liegt, werden wir morgen Abend nach John Day zurückfahren müssen. Das bedeutet entweder 2 x 90 Minuten oder 2 x 45 Minuten Zusatzfahrt. Wir freuen uns sehr darauf, denn rote Steine hatten wir diesen Urlaub noch nicht und die sind genau unser Ding. Ich weiß nur noch nicht, wie das dann abends klappt mit der Website. Mal sehen …

Tagesetappe: 225 Kilometer gefahren, 10,1 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Oregon Trail Motel, Baker City, OR

Huffin' and Puffin'


Gabi auf dem Valley Loop Trail, Mount Howard, Eagle Cap Wilderness, OR

Komischer Titel? Finde ich gar nicht - hätte aber heute morgen auch noch nicht gewusst, was das bedeutet …

Wir lassen es zunächst ruhig angehen heute morgen, denn es ist Sonntag. Der Name passt, denn die Sonne scheint ihren Job zu machen - zumindest hier unten im Tal. Regenaussichten für heute: 0,0 %, das passt uns gut. Nach einem stärkenden Frühstück ziehen wir uns etwas wärmer an, denn heute soll es in die Höhe gehen.

Aufbruch - und erster Stopp: Joseph! Ihr erinnert euch? Der „Chief“, nach dem der kleine Ort hier benannt ist. Bei Sonnenschein und blauem Himmel kommt die Mainstreet doch gleich viel netter daher als gestern Nachmittag. Beeindruckend sind vor allem die vielen künstlerischen Statuen, die hier auf jeder Straßenecke stehen. Chief Joseph ist häufiger dargestellt. Ein Blick in eine der trostlosen Seitenstraßen: da laufen doch glatt Rehe (Mule-Deer) über die Fahrbahn …

Auf der Fahrt zum Wallowa State Park halten wir kurz am gleichnamigen See, die Landschaft ist zu verlockend. Hier oben ist auch ein Indianerfriedhof, auf dem u.a. Chief „Old Joseph“ beigesetzt ist, der Anführer, von dem „unser“ Chief Joseph die Ämter übernahm. Besinnliche Grabstätte mit einigen Federn von Besuchern - der außer uns einzig anwesende andere Besucher echauffiert sich, dass am Fahnenmast noch nicht mal die Stars & Stripes wehen - ich pflichte ihm bei; im Ort hingen ja genug Flaggen herum.

Obwohl die Bergspitzen noch sehr im Nebel hängen, fahren wir mit der Tramway hinauf auf gut 8.200 Fuß, das sind 2.500 Meter über NN. Hui, ist das frisch hier: 30 Grad Fahrenheit bedeuten minus 1 Grad Celsius! Dazu immer noch Nebel.

Wir beschließen, ein „11-Ührken“ zu trinken und geben der Sonne damit eine weitere Chance. Bier aus der bekannten Brauerei von gestern für mich und ein Rotwein für Gabi - da kommt eine ältere Dame zu uns an den Tisch, möchte uns unbedingt fotografieren und ihre Lebensgeschichte erzählen. Glück mit dem Foto (ist gut geworden), eher Pech im Leben (Sportverletzung - Titanfußgelenk). Auf dem Mount Howard sind wir hier - erinnert ihr euch? Gestern den Bericht gelesen? Ich finde das schon bezeichnend, dass man den riesigen Berg nach dem Gerneral und den kleinen Ort zu seinen Füßen nach dem „Chief“ benennt, der sich ihm ergeben musste. Das dürfte m.E. auch anders herum sein.

Nun hilft nur noch Bewegung: also raus und rauf auf den Valley Loop Trail, der so viele spektakuläre Aussichtspunkte bietet - die aber allesamt nebelverhangen sind. Nur hin und wieder zieht es für wenige Sekunden etwas auf - aber nur etwas. Damit das alles nicht zu langweilig wird, beschließen wir uns zu verlaufen. Also dramatisch war das nicht - anstrengend schon. Sehr sogar. Wir wuchten unsere Astralkörper nämlich völlig unnötige 200 Höhenmeter steil nach unten, um sie später den gleichen Weg wieder hinauf zu hieven. Der „Valley Loop“ wäre aber auch zu kurz für uns gewesen.

So bringen wir es auf 5 km in 1:45 Std. Klingt langsam, ist es auch. Die Luft hier oben ist einfach zu dünn und obwohl wir es ja wissen, beruhigt es uns sehr, als uns später eine Infotafel darüber aufklärt, dass unsere Lungen hier Hochleistungen vollbringen. Tun unsere Herzen auch, die pochen bis in den Hals. Uff - huffin’ and puffin’ eben - schnaufen und prusten!

Nach einem netten Smaltalk mit einer ebenfalls ausgepumpten Wanderin fahren wir wieder hinunter. Der Kerl an der Bergstation möchte unsere Tickets einbehalten - ich hätte die aber gerne als Souvenier. Geht nicht, sagt er. An den Karten würden sie abends immer zählen, ob auch alle Gäste wieder unten sind. Wir steigen in die kleine Godel und sehen, wie er auf das Whiteboard unter „lost“ (verloren) eine „2“ einträgt und schon reicht er uns die Karten grinsend durchs Fenster. Lieb sind die hier.

Unten ist es merklich wärmer- so was gegen 15 Grad Celsius. Die Sonne tut gut und wir fahren zum nahen State Park, machen einige Bilder von den farbenfrohen Bäumen und den Lachsen, die gerade hier im Fluss laichen. Dann finden wir in der Nähe des oben erwähnten Friedhofs die unaussprechliche „Iwetemlaykin State Heritage Site“ mit einem wunderbaren Trail, der uns durch goldene Felder zu einem kleinen Tümpel führt, das bunte Herbslaub bietet einen tollen Kontrast zum blauen Himmel - traumhaft!

Hunger! Auf, zu unserer Brauerei von gestern, da gab es noch Dinge auf der Bier- und Speisenkarte, die probiert werden wollen. Heute sitzen wir im Biergarten. Bei den genannten Temperaturen geht das mit Jacke - solange die Sonne scheint. Herrlich! So leckeres Bier! Es ist hier überall üblich, das sie nicht nur die Geschmäcker genau beschreiben, sondern neben dem Alkoholgehalt (der von 4,x bis durchaus 10,x % variieren kann) auch die „IBU’s“ angeben, die „International Bitterness Units“. Daran kann man erkennen, wie gehaltvoll (und hopfig, bitter) das Bier schmeckt. Gestern hatte ich 19, heute 45 - es gibt auch über 80 …

Gabi nimmt Cider und Pasta „Cajun“ (schön scharf) mit geräuchertem Lachsfilet. Ich muss die Nachos mit Käse, Jalapenos, Bohnen und Salsa probieren und bekomme eine Riesenportion, die ich nur zur Hälfte schaffe - die andere steht jetzt hinter mir auf dem Kühlschrank in einer Box.

Bevor das Essen kommt fragt Gabi, ob „Cider“ eigentlich „Äppelwoi“ sei. Da habe sie nicht ganz unrecht, meine ich und schon spuken Frau Widdin, Herr Schenk und das gemeinsame Faktotum „Herr Nonsens“ bei uns am Tisch rum. Gut, dass da das Essen kommt, weg mit euch „Plagen unserer Kindheit …“

Gegen 17:00 Uhr sind wir wieder am Motel. Wir beschließen eine verspätete Mittagspause und machen „große Wäsche“. 1,50 $ für die Waschmaschine, der gleiche Betrag für den Trockner und 1,00 $ fürs Waschmittel. Praktisch - jetzt ist alles wieder sauber. Gabi ruht eine Runde, ich ziehe mir 2 Folgen „Grey’s Anatomy“ rein. Dann machen wir uns über die Fotos und das Tagebuch her und jetzt ist es 21:30 Uhr und alles fertig.

Morgen geht unser kleines Abenteuer weiter - wir freuen uns!

Tagesetappe: 55 Kilometer gefahren, 12,6 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Eagle's View Inn & Suites, Enterprise, OR

Winding, windy road to Enterprise


Gabi auf dem Hwy. #3 bei Enterprise, OR

Es hat etwas geregnet letzte Nacht. Nach dem Frühstück mit Waffeln, Omelettes und Burger Patties machen wir uns auf die Socken.

Schnell schiebt sich die Straße in die Höhe, zunächst durch Wald (sehr schön!), dann liegen wieder diese endlosen hügeligen, goldenen Stoppelfelder vor uns. Verrückt! Das sieht eigentlich aus wie ein einziges Feld bis zum Horizont. Leider regnet es wieder etwas, Fotos fallen aus. So erreichen wir Lewiston und machen einen kurzen Fotostop an einem Aussichtspunkt oberhalb der Stadt. Weite Sicht, etwas ruppiges Wetter.

Das wird auf der Weiterfahrt nicht besser, ganz im Gegenteil. Wind frischt auf und zerrt am Auto. In Fahrtrichtung wird alles ziemlich grau und es sieht fast so aus, als sei da vor uns ein Tornado. Rollbüsche fegen über die recht einsame Straße, einige begehen Selbstmord, indem sie sich genau vor unser Auto stürzen und überrollen lassen. Spooky! Dann setzt auch noch heftiger Regen ein.

Die Straße wird viel bergiger, als wir vermutet hatten. Endlose Serpentinen bis auf knapp 4.000 Fuß Höhe, dann wieder komplett runter und wieder hinauf, diesmal auf über 4.800 Fuß. Der Regen hört irgendwann auf, sie Kurven tun das nicht. Und windig ist es immer noch - Gabi fegt es fast vom Felsen, als ich das Foto mache.

So erreichen wir ohne viel Aufsehen um 14:30 Uhr Enterprise in Oregon. Hier werden wir zwei Nächte bleiben - das ist gut, denn die Wallowa Mountains sind ein beliebtes Wandergebiet. Wir hoffen auf gutes Wetter, dann ist morgen vielleicht sogar eine Auffahrt mit der Seilbahn drin.

Nun werden wir uns noch mal aufmachen und eine Runde drehen. Bewegung muss her und dann später ein Abendessen. Die örtliche Brewery wird empfohlen - na dann wollen wir doch mal sehen.

Da es wieder leicht regnet fahren wir aber erst mal ins 6 Meilen entfernte Joseph. Hier bummeln wir über die Mainstreet - viel los ist derzeit nicht. Wegen des Wetters mache ich heute auch keine Fotos mehr. Wenn es morgen besser wird, dann kommen bestimmt auch Bilder vom Indianerhäuptling Chief Joseph auf die Website.

Was hat es mit Chief Joseph auf sich? Dazu habe ich mal aus dem Netz das Wesentliche zusammen gestellt, denn es spielt eine Rolle - fahren wir in diesen Tagen doch genau durch die Berge, durch die der Fluchtweg der Indianer seinerzeit führte:

Chief Joseph oder Hinmaton-Yalatkit (Donner-der-den-Berg-herunter-rollt), geboren am 3. März 1840; gestorben am 21. September 1904, war der Häuptling der Wal-lam-wat-kain-Gruppe der Nez-Percé-Indianer aus dem Wallowa-Flusstal im nordöstlichen Oregon (meist als Wallowa-Indianer bezeichnet). Er machte sich gegen Ende der Indianerkriege während des Nez-Percé-Krieges einen Namen als kluger Taktiker.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts drangen immer mehr weiße Siedler in den Lebensraum der Nez Percé ein. Die US-Regierung ließ die Nez Percé umsiedeln und ihr fruchtbares Gebiet für die Besiedelung durch die Weißen freigeben.

Chief Joseph war weder ein Oberhäuptling, noch hatte er den Rang eines Kriegshäuptlings. Neben ihm gab es zum Zeitpunkt der bevorstehenden Umsiedlung 1877 noch andere Häuptlinge im Tal sowie insgesamt rund 1.000 Leute mit über 200 Kriegern. Über Krieg und Frieden bestimmten die bewährten Krieger. Das Machtgefüge der Indianergruppe war so kompliziert wie die US-amerikanische Bürokratie, die sich seit Ende 1872 mit ihrer Umsiedlungsfrage beschäftigte.

Die Nez Percé wehrten sich gegen die geplante Umsiedlung und wollten unter Josephs Leitung nach Kanada fliehen. Am 6. Juni 1877 brachen sie auf. Unterwegs kam es immer wieder zu Kämpfen mit US-Truppen, die der US-Armee mehrere Niederlagen einbrachten. Die Flucht zog sich über vier Monate und 2.400 Kilometer quer durch die Bundesstaaten Oregon, Wyoming, Idaho und Montana hin, brachte 123 Soldaten und 55 Zivilisten den Tod und kostete die Armee damals 931.329 Dollar. Zivile Schäden und Verwundete wurden nicht eingerechnet. Die Nez Percé zählten etwa 100–120 Tote, darunter Josephs Bruder Ollokot, Toolhoolhoolzote und Looking Glass.

Erst ein bis zwei Tagesritte (40 Meilen) vor der kanadischen Grenze kapitulierte Chief Joseph am 5. Oktober 1877 in den Bear Paw Mountains vor General Oliver Otis Howard und Oberst Miles, da seine Leute nur unter Zurücklassung der Verwundeten, alten Frauen und Kinder hätten fliehen können. Etwa 430 Nez Percé gingen in Gefangenschaft. Etwa 50 Leute entkamen in der Nacht vor der Kapitulation nach Kanada. Insgesamt fanden etwa 200 Nez Percé bei der Lakota-Gruppe von Sitting Bull im kanadischen Exil Zuflucht.

In den folgenden Jahren kam es zu mehreren behördlichen Teilungen der Gruppe und zur Zusammenführung mit den aus Kanada zurückkehrenden Nez Percé. Vor allem kostete die Ansiedlung im Indianerterritorium von Oklahoma 1878/79 etwa 130 Leben (Malaria), obwohl Chief Josephs Gruppe dort im vorteilhaftesten Landstrich angesiedelt wurde. Chief Joseph trat nun in Verhandlungen, um eine Rückkehr in den Norden zu bewirken, so zum Beispiel 1879 vor dem Kongress. Er erreichte nichts. Erst 1885 wurde ein Teil der Nez Percé an den Columbia-Fluss in Idaho verlegt, der andere Teil nach Colville in Washington. Dort starb Chief Joseph am 21. September 1904; gemäß seinem Arzt an gebrochenem Herzen.

Sein berühmtestes Zitat stammt vom 05.10.1877, dem Tag, als er sich General Howards Truppen ergab:

„Sagt General Howard, ich weiß, was ihn bewegt. Was er mir bereits gesagt hat, habe ich in meinem Herzen. Ich bin des Kämpfens müde. Unsere Häuptlinge wurden getötet. Looking Glass ist tot. Too-hul-hul-sute ist tot. Die Alten sind alle tot. Die jungen Männer haben nun das Sagen. Jener, der sie einst führte, ist tot. Es ist kalt, und wir haben keine Decken. Die kleinen Kinder erfrieren. Einige meines Volkes sind weggelaufen in die Berge. Sie haben keine Decken und nichts zu essen. Niemand weiß, wo sie sind – vielleicht erfrieren sie gerade. Ich will Zeit, um nach meinen Kindern suchen zu können und um zu sehen, wie viele von ihnen ich noch finden kann. Vielleicht finde ich sie unter den Toten. Hört mich, meine Häuptlinge! Ich bin müde. Mein Herz ist krank und traurig. Vom jetzigen Stand der Sonne an will ich nie mehr kämpfen.

Wenn der weiße Mann in Frieden mit den Indianern leben will, so kann er das. Gebt allen Menschen das gleiche Gesetz. Gebt allen Menschen die Möglichkeit, zu leben und sich zu entwickeln. Alle Menschen wurden vom großen Geist erschaffen und alle sind Brüder.“

So war das und es erscheint mir wichtig, das hier nicht unerwähnt zu lassen.

Tatsächlich kehren wir auf dem Weg zum Motel in Enterprise dann auch im Terminal Gravity Brewing Pub & Restaurant ein. Gemütliche, kleine Brauerei mit 11 selbstgebrauten Bieren zu sehr vertretbaren Preisen. Dazu mampfen wir die ersten Burger dieses Urlaubs - sagenhaft lecker. Es gibt mehrer kleine Gasträume und in unserem sitzen an 4 Tischen 4 Paare. 2 Seniorenpaare, 2 x hintereinander verschiedene Youngster-Paare um die 30 und das gesegnete Mittelalter - wir zwei beiden.

Und es ist so nett: alle reden mit allen, die sind so aufgeschlossen die Amis, das mögen wir sehr. Eines der älteren Paare hat Wurzeln in Bremen und spricht sogar noch recht gut deutsch. Sie macht ein Foto von uns - das bekomme ich geschickt. Klasse ist das Motto des Ladens: „Middle of nowhere - Center of the universe“

Jetzt folgt ein gemütlicher Abend - bis morgen!

Tagesetappe: 357 Kilometer gefahren, 5,3 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Eagle's View Inn & Suites, Enterprise, OR
© 2018 Gabi & Jürgen