Tagebuch




Winding, windy road to Enterprise


Gabi auf dem Hwy. #3 bei Enterprise, OR

Es hat etwas geregnet letzte Nacht. Nach dem Frühstück mit Waffeln, Omelettes und Burger Patties machen wir uns auf die Socken.

Schnell schiebt sich die Straße in die Höhe, zunächst durch Wald (sehr schön!), dann liegen wieder diese endlosen hügeligen, goldenen Stoppelfelder vor uns. Verrückt! Das sieht eigentlich aus wie ein einziges Feld bis zum Horizont. Leider regnet es wieder etwas, Fotos fallen aus. So erreichen wir Lewiston und machen einen kurzen Fotostop an einem Aussichtspunkt oberhalb der Stadt. Weite Sicht, etwas ruppiges Wetter.

Das wird auf der Weiterfahrt nicht besser, ganz im Gegenteil. Wind frischt auf und zerrt am Auto. In Fahrtrichtung wird alles ziemlich grau und es sieht fast so aus, als sei da vor uns ein Tornado. Rollbüsche fegen über die recht einsame Straße, einige begehen Selbstmord, indem sie sich genau vor unser Auto stürzen und überrollen lassen. Spooky! Dann setzt auch noch heftiger Regen ein.

Die Straße wird viel bergiger, als wir vermutet hatten. Endlose Serpentinen bis auf knapp 4.000 Fuß Höhe, dann wieder komplett runter und wieder hinauf, diesmal auf über 4.800 Fuß. Der Regen hört irgendwann auf, sie Kurven tun das nicht. Und windig ist es immer noch - Gabi fegt es fast vom Felsen, als ich das Foto mache.

So erreichen wir ohne viel Aufsehen um 14:30 Uhr Enterprise in Oregon. Hier werden wir zwei Nächte bleiben - das ist gut, denn die Wallowa Mountains sind ein beliebtes Wandergebiet. Wir hoffen auf gutes Wetter, dann ist morgen vielleicht sogar eine Auffahrt mit der Seilbahn drin.

Nun werden wir uns noch mal aufmachen und eine Runde drehen. Bewegung muss her und dann später ein Abendessen. Die örtliche Brewery wird empfohlen - na dann wollen wir doch mal sehen.

Da es wieder leicht regnet fahren wir aber erst mal ins 6 Meilen entfernte Joseph. Hier bummeln wir über die Mainstreet - viel los ist derzeit nicht. Wegen des Wetters mache ich heute auch keine Fotos mehr. Wenn es morgen besser wird, dann kommen bestimmt auch Bilder vom Indianerhäuptling Chief Joseph auf die Website.

Was hat es mit Chief Joseph auf sich? Dazu habe ich mal aus dem Netz das Wesentliche zusammen gestellt, denn es spielt eine Rolle - fahren wir in diesen Tagen doch genau durch die Berge, durch die der Fluchtweg der Indianer seinerzeit führte:

Chief Joseph oder Hinmaton-Yalatkit (Donner-der-den-Berg-herunter-rollt), geboren am 3. März 1840; gestorben am 21. September 1904, war der Häuptling der Wal-lam-wat-kain-Gruppe der Nez-Percé-Indianer aus dem Wallowa-Flusstal im nordöstlichen Oregon (meist als Wallowa-Indianer bezeichnet). Er machte sich gegen Ende der Indianerkriege während des Nez-Percé-Krieges einen Namen als kluger Taktiker.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts drangen immer mehr weiße Siedler in den Lebensraum der Nez Percé ein. Die US-Regierung ließ die Nez Percé umsiedeln und ihr fruchtbares Gebiet für die Besiedelung durch die Weißen freigeben.

Chief Joseph war weder ein Oberhäuptling, noch hatte er den Rang eines Kriegshäuptlings. Neben ihm gab es zum Zeitpunkt der bevorstehenden Umsiedlung 1877 noch andere Häuptlinge im Tal sowie insgesamt rund 1.000 Leute mit über 200 Kriegern. Über Krieg und Frieden bestimmten die bewährten Krieger. Das Machtgefüge der Indianergruppe war so kompliziert wie die US-amerikanische Bürokratie, die sich seit Ende 1872 mit ihrer Umsiedlungsfrage beschäftigte.

Die Nez Percé wehrten sich gegen die geplante Umsiedlung und wollten unter Josephs Leitung nach Kanada fliehen. Am 6. Juni 1877 brachen sie auf. Unterwegs kam es immer wieder zu Kämpfen mit US-Truppen, die der US-Armee mehrere Niederlagen einbrachten. Die Flucht zog sich über vier Monate und 2.400 Kilometer quer durch die Bundesstaaten Oregon, Wyoming, Idaho und Montana hin, brachte 123 Soldaten und 55 Zivilisten den Tod und kostete die Armee damals 931.329 Dollar. Zivile Schäden und Verwundete wurden nicht eingerechnet. Die Nez Percé zählten etwa 100–120 Tote, darunter Josephs Bruder Ollokot, Toolhoolhoolzote und Looking Glass.

Erst ein bis zwei Tagesritte (40 Meilen) vor der kanadischen Grenze kapitulierte Chief Joseph am 5. Oktober 1877 in den Bear Paw Mountains vor General Oliver Otis Howard und Oberst Miles, da seine Leute nur unter Zurücklassung der Verwundeten, alten Frauen und Kinder hätten fliehen können. Etwa 430 Nez Percé gingen in Gefangenschaft. Etwa 50 Leute entkamen in der Nacht vor der Kapitulation nach Kanada. Insgesamt fanden etwa 200 Nez Percé bei der Lakota-Gruppe von Sitting Bull im kanadischen Exil Zuflucht.

In den folgenden Jahren kam es zu mehreren behördlichen Teilungen der Gruppe und zur Zusammenführung mit den aus Kanada zurückkehrenden Nez Percé. Vor allem kostete die Ansiedlung im Indianerterritorium von Oklahoma 1878/79 etwa 130 Leben (Malaria), obwohl Chief Josephs Gruppe dort im vorteilhaftesten Landstrich angesiedelt wurde. Chief Joseph trat nun in Verhandlungen, um eine Rückkehr in den Norden zu bewirken, so zum Beispiel 1879 vor dem Kongress. Er erreichte nichts. Erst 1885 wurde ein Teil der Nez Percé an den Columbia-Fluss in Idaho verlegt, der andere Teil nach Colville in Washington. Dort starb Chief Joseph am 21. September 1904; gemäß seinem Arzt an gebrochenem Herzen.

Sein berühmtestes Zitat stammt vom 05.10.1877, dem Tag, als er sich General Howards Truppen ergab:

„Sagt General Howard, ich weiß, was ihn bewegt. Was er mir bereits gesagt hat, habe ich in meinem Herzen. Ich bin des Kämpfens müde. Unsere Häuptlinge wurden getötet. Looking Glass ist tot. Too-hul-hul-sute ist tot. Die Alten sind alle tot. Die jungen Männer haben nun das Sagen. Jener, der sie einst führte, ist tot. Es ist kalt, und wir haben keine Decken. Die kleinen Kinder erfrieren. Einige meines Volkes sind weggelaufen in die Berge. Sie haben keine Decken und nichts zu essen. Niemand weiß, wo sie sind – vielleicht erfrieren sie gerade. Ich will Zeit, um nach meinen Kindern suchen zu können und um zu sehen, wie viele von ihnen ich noch finden kann. Vielleicht finde ich sie unter den Toten. Hört mich, meine Häuptlinge! Ich bin müde. Mein Herz ist krank und traurig. Vom jetzigen Stand der Sonne an will ich nie mehr kämpfen.

Wenn der weiße Mann in Frieden mit den Indianern leben will, so kann er das. Gebt allen Menschen das gleiche Gesetz. Gebt allen Menschen die Möglichkeit, zu leben und sich zu entwickeln. Alle Menschen wurden vom großen Geist erschaffen und alle sind Brüder.“

So war das und es erscheint mir wichtig, das hier nicht unerwähnt zu lassen.

Tatsächlich kehren wir auf dem Weg zum Motel in Enterprise dann auch im Terminal Gravity Brewing Pub & Restaurant ein. Gemütliche, kleine Brauerei mit 11 selbstgebrauten Bieren zu sehr vertretbaren Preisen. Dazu mampfen wir die ersten Burger dieses Urlaubs - sagenhaft lecker. Es gibt mehrer kleine Gasträume und in unserem sitzen an 4 Tischen 4 Paare. 2 Seniorenpaare, 2 x hintereinander verschiedene Youngster-Paare um die 30 und das gesegnete Mittelalter - wir zwei beiden.

Und es ist so nett: alle reden mit allen, die sind so aufgeschlossen die Amis, das mögen wir sehr. Eines der älteren Paare hat Wurzeln in Bremen und spricht sogar noch recht gut deutsch. Sie macht ein Foto von uns - das bekomme ich geschickt. Klasse ist das Motto des Ladens: „Middle of nowhere - Center of the universe“

Jetzt folgt ein gemütlicher Abend - bis morgen!

Tagesetappe: 357 Kilometer gefahren, 5,3 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Eagle's View Inn & Suites, Enterprise, OR

Der trockene Wasserfall


Gabi am "Dry Fall", Sun Lakes SP, WA

Heute fasse ich mich wirklich kurz:

Das Frühstück im Obertal Inn ist besser als erwartet - ganz viel Obst und sehr lecker.

Heute brechen wir etwas früher auf, kurz vor 09:00 Uhr sind wir bereits unterwegs. Zunächst geht es ein Stück des Weges von gestern retour, bis wir bei Orondo nach Osten auf den Highway #2 abbiegen. Die Straße ist sehr gut ausgebaut, wenn auch nur einspurig in jede Richtung.

Sie windet sich durch den Orondo Canyon spektakulär hinauf auf das Waterville Plateau. Das ist ein Hochplateau und schnell haben wir Stoppelfelder bis zum Horizont. Dazu blauen Himmel mit netten Wölkchen. Grund genug, anzuhalten und ein paar Bilder zu schießen.

Wir rollen dahin, haben zwischendurch kurz getankt und einen Coffee 2 go mitgenommen. Richtung Coulee City geht es meist geradeaus, dann führt die Straße wieder bergab zu den „Dry Falls“ am Sun Lakes SP. Es folgt eine Stunde Geologieunterricht. Hier hat die letzte Eiszeit einen mächtigen „trockenen geologischen Wasserfall“ (5 km breit und 120 m tief) hinterlassen. Wirklich sehenswert und die Filme im Visitor Center erläutern die Entstehung ganz prima. Während der Fluten bildeten die Dry Falls den größten bekannten Wasserfall der Erdgeschichte. Der geschätzte Abfluss entsprach dem Zehnfachen aller heutigen Flüsse weltweit. Unglaublich - aber wahr! Wer mag, googelt das mal …

In Spokane besuchen wir den Riverfront Park mit den Spokane Falls. Mitten in dieser Großstadt finden sich gleich mehrere Wasserfälle im Park. Wir laufen umher und besuchen später noch ein größeres Einkauszentrum und machen das obligatorische Foto vom dem lokalen Apple-Store.

So erreichen wir um kurz nach 15:00 Uhr unser heutiges Etappenziel Coeur d’Alene in Idaho. Wir checken ein und ich vesorge schon mal die ersten Fotos, während Gabi etwas ausruhen darf. Dann fahren wir hinab nach Downtown, werden im Visitor-Center von einer netten Dame beraten (um Gottes Willen, auch hier ist Oktoberfest) und schlendern dann an der Waterfront über den Boardwalk. Ein kurzer Spaziergang die Hauptstraße entlang rundet das Bild ab. Sehr netter Ort, hier ist Geld vorhanden. Die Yachten können sich sehen lassen und in der „blauen Stunde“ entstehen stimmungsvolle Bilder.

Zum Abschluss nehmen wir einen Sundowner in der Boardwalk-Bar mit Blick auf den See.

Dann fahren wir Richtung Motel und fangen unterwegs noch eine sehr leckere Pizza, die wir auf dem Zimmer verputzen. BBQ-Pizza mit home-smoked beef und rauchiger BBQ-Soße. Mal was anderes - klasse!

Nun wird noch etwas fern gesehen, auch morgen ist wieder eine längere Fahrt vorgesehen. habe gerade in der Lobby noch zwei kleine Tütchen frisches Popcorn abgestaubt, das mümmeln wir jetzt mit einem Glas Wein zum sinnlosen Fernsehprogramm. Entspannter Tag - ich sage mal: „gute Nacht!“

Tagesetappe: 354 Kilometer gefahren, 7,3 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Days Inn by Wyndham Coeur d'Alene, ID
© 2018 Gabi & Jürgen