Tagebuch




Darfs ein wenig Meer sein?


Gabi auf der Fähre Kingston-Edmonds, WA

Da muss ich am Airport SEATAC nachsitzen. Das kommt davon, wenn man am Abend vorher im Pub versackt ist und die Hausaufgaben nicht gemacht hat. Also, so war das gestern:

Bei bestem Wetter brechen wir unsere Zelte in Port Angeles ab. Ich verzichte heute aufs Frühstück, typisch „Super 8 Motel“, zu süß und ein wenig lieblos. Ein letztes Mal tanken wir für den heutigen Tag und rollen dann zu einem weiteren Tip des netten Rangers Matt von gestern: Bei Sequim gibt es das „Dungeness Wildlife Refugee“ mit einer „Spit“, einer natürlichen Sandbank, die weit ins Meer hinaus ragt.

Wir stellen den Wagen ab, unser neuer Annual-Pass gilt auch hier. Prima. Durch dichten Wald geht es eine gute halbe Meile hinaus bis zum ersten Aussichtspunkt. Da liegt sie vor uns, die Spit, die jedes Jahr von ganz alleine etwas (aber auch nur etwas) größer wird. Holz wird angeschwemmt und liegt überall rum - genau so wie die übliche Meeresflora. Aufällig sind vor allem wieder mal die langen Kelp-Stämme mitsamt Blattresten. Die sehen irgendwie alienmäßig aus mit ihrem dicken Bubble-Kopf und den festen, glitschigen Tentakeln.

Matt hat gesagt, dass man hier außerhalb eines Schiffes die beste Möglichkeit hat, Seehunde, Orcas, Wale oder anderes Meeresgetier zu sehen. Natürlich ist das hier auch Vogelschutzgebiet und manche Bereiche bleiben dem Gefieder vorbehalten. Wir lassen uns Zeit, stromern herum und machen Bilder.

Zurück im Wald fallen uns wieder einige fotogene Pilze auf. Nun aber weiter - in Sequim huschen wir kurz ins Safeway und lassen uns frische Sandwiches machen, die wir auf der Weiterfahrt gemeinsam mit einem sehr leckeren, überteuerten Kaffee von Starbucks verputzen.

So errreichen wir gegen 13:00 Uhr Port Townsend, die Hafenstadt mit ihren viktorianischen Häusern in der Oberstadt (kurzer Sprint die steilen Treppen hoch) und ihrem netten Flair an der Waterfront. Schön hier!

Es ist Nachmittag geworden und nach unserer Berechnung könnten wir die Fähre in Kingston um 15:10 Uhr erreichen. Also geht es 45 Minuten Richtung Süden und schon rollen wir auf das Kassenhäuschen zu. Wieder ist alles perfekt organisiert. Die halbstündige Überfahrt über den Pudged Sound kostet für unseren CX-5 und uns beide insgesamt 15 Dollar. Alle Fahrzeuge werden wieder auf einem größeren Parkplatz in Reihen aufgestellt. 15:00 Uhr Boarding - wir waren um 14:55 Uhr dort. Perfekt. Innerhalb von 10 Minuten sind hunderte Autos auf die große Fähre gerollt, wir legen ab.

Wir steigen aus und gehen an Deck. Sehr schöne Aussicht, recht kalter Wind. In Edmonds haben wir nur wenige hundert Meter bis zu unserem „Best Western“. Klasse Zimmer, die Kette hab ich am liebsten. Da sind wir noch nie reingefallen.

Das Wetter ist aber viel zu gut, um jetzt Koffer zu packen. Also raus! Ein Bummel zurück in den Fährenbereich und durch die Downtown steht an. In der Salish Sea Brewery trinken wir gemütlich ein Bier & Cider, als kleine Mahlzeit dazu: nochmal leckere Nachos, die wir uns teilen.

Sonnenuntergang am Meer, da kommt wieder eine Fähre. Direkt um die Ecke ist ein gut gefüllter Pub. Wir haben keine Lust auf Motelzimmer und setzen uns an die Theke. Zu weiterem Bier und Cider gesellen sich Chicken Wings, die wir wieder teilen. Neben uns an der Theke: Darryn, der einsam in seinen Tulamore Dew schaut. Wir beginnen ein Gespräch und ab da ergibt ein Wort das andere. Wir quatschen uns so richtig fest, auch ein Bier ergibt das andere, Darryn lacht schallend über unsere witzigen Episoden von der Reise u.ä. und es ist einfach toll. Am Ende durfte es auch hier etwas mehr sein.

Später auf dem Zimmer geht nix mehr - Augen zu.

Der nächste Tag, die Rückreise:

Die nächtliche Geräuschkulisse war imposant, hier führt eine Bahnlinie vorbei und die sehr gut getakteten Züge kündigen ihre Ankunft und Weiterfahrt stets mit einem Horn an, das jedem Schiffsnebelhorn Konkurrenz macht. Gut, die Fähren tuten auch und das ganze vermischt sich. Wenn dann auch noch morgens um 06:00 Uhr die Müllabfuhr kommt und richtig Radau macht, ergibt das eine ganz besondere Synfonie. Dennoch haben wir recht gut geschlafen und starten entspannt in den letzten Urlaubstag.

Das Frühstück hier ist einfach klasse - typisch Best Western. Gabi packt die Koffer zusammen und sorgt dafür, dass im Handgepäck nur das ist, was mit in die Kabine darf. Ich versorge inzwischen die Fotos von gestern, treffe eine Auswahl, bearbeite diese und baue sie in die Website ein. Hochgeladen wird auch noch, eine letzte Datensicherung und ab dafür.

Die 50 Minuten Fahrt zum Flughafen verlaufen gut. Es regnet und das macht den Abschied etwas einfacher. Noch eine gute Amerika-Erfahrung ist die Erfindung der Car-Pool-Lanes auf den Interstates. Seattle ist bekannt für das morgendliche Verkehrschaos und auch unsere Interstate ist sehr gut gefüllt, zum Teil gilt „stop and go“. Die Bahn ist vier- manchmal auch fünfspurig und wird in der Stadt noch breiter. Wie gut, dass der ganz linke Fahrsteifen nur Autos mit 2 und mehr Personen darin vorbehalten ist. Das scheinen nicht so viele zu sein und wir düsen mit 60 mph am stockenden Verkehr vorbei.

Die Mietwagenrückgabe ist gewohnt kurz und schmerzlos. Das eigentliche Prozedere dauert keine Minute. Auf die obligatorische Frage nach meiner Zufriedenheit lobe ich das tolle Auto und den Service, mache aber meinem Unmut über die Roadside-Assistence-Story mit der Motorwarnleuchte Luft. Wofür eine Versicherung, wenn im Notfall nicht die erwartete Hilfe kommt?

Mit viel Verständnis werde ich an den Schalter verwiesen, wo ich mein Anliegen noch mal erläutern soll. Die 10 Minuten haben wir und ich muss nur erklären, was mir nicht passte - schon wird der gesamte Versicherungsbetrag rückerstattet. Keine Diskussion, die wollen einfach zufriedene Kunden - so mein Eindruck. Mein Vortrag war ja auch schlüssig. Die 163 Dollar können wir gut für anderes einsetzen.

Am Airport Seattle gibt es Live-Musik, hier geben sie lokalen Musikern die Chance, selbst im Sicherheitsbereich zu musizieren - das finde ich nachahmenswert! Für den Rückflug hatten wir mehr Beinfreiheit gebucht und das ist richtig gut. Die 1. Reihe der Economy, direkt hinter der Premium-Economy verschafft uns so viel Platz, dass Gabi Ihre Beine gerade ausstrecken kann, ohne den Vordersitz zu erreichen. Das ist insbesondere dann praktisch, wenn die Vorderleute ihren Sitz nach hinten klappen, was den Sitzkomfort normalerweise ziemlich einschränkt. Wir schauen Filme, lassen es uns schmecken und schlafen.

Der Lufthansa-Transfer von Frankfurt nach Düsseldorf ist diesmal per Zug, unser Gepäck holen wir kurz vor dem Bahnsteig am Lufthansa-Servicepunkt ab - auch sehr entspannt. Lediglich die letzen Kilometer mit dem RE 10 von Düsseldorf nach Nieukerk sind wie immer eine Qual. Wenn ich bedenke, dass ich vor 3 Tagen für die gleichlange Fährenüberfahrt für uns beide inklusive Auto die Hälfte bezahlt habe wie für die Bummel-Kurzstrecke hier, dann stimmt irgendwas nicht mit dem Preisgefüge.

Am Samstagabend folgt dann noch das 50. Clubtreffen der „Fine Spirits“ in der heimischen Whiskybotschaft - ein toller Ausklang.

„The End is near“ hatte Ingrid in ihrer letzten lieben Mail geschrieben und jetzt kann ich sagen: „It’s done!“ Es war ein wunderschöner Urlaub im für uns noch unbekannten Nordwesten. Wir haben unsagbares Glück mit dem Wetter gehabt, was sicherlich ein gutes Teil zu unserer Begeisterung und Erhoung beigetragen hat. Wir hätten durchaus auch mit drei Wochen regnerisch-durchwachsen rechnen müssen. Aber schaut euch nochmal die Fotos an - was hatten wir für ein Glück!

Die Landschaft dort ist atemberaubend schön und die Gegend manchmal noch einsamer als im Südwesten. Deutlich weniger Touristen gibt es hier ohnehin. Uns gefällt es ganz besonders, wenn wir einfach so im amerikanischen Alltag mitschwimmen und das Gefühl haben, dazuzugehören. Das war diesmal definitiv wieder so. Und auch die Breweries mit ihrem vielfältigen Angebot haben Spaß gemacht. Jahrelang habe ich nicht mehr so regelmäßig und „viel“ Bier getrunken. In jeder Hinsicht war das ein klasse Urlaub.

Nun wird in den kommenden Wochen aber der Gürtel wieder enger geschnallt und auch das in jeder Hinsicht. Gute Vorsätze für das winterliche Fitnessprogramm haben wir in den Staaten gefasst und die gilt es nun umzusetzen.

Danke sagen wir allen, die uns „begleitet“ haben. Danke sage ich aber ganz persönlich auch nochmal meiner lieben Gabi. Es ist so unglaublich schön, mit ihr zu verreisen. Unkompliziert ist es, super organisiert bis ins Kleinste und immer lustig. Tiny little Bear hatte auch wieder seinen Spaß.

In diesem Sinne: bis bald - denn den Jahrespass für unsere USA-Reise 2019 haben wir ja schon in der Tasche. Hoffen wir einfach, dass wir alle gesund und munter bleiben …

Tagesetappe: 150 Kilometer gefahren (+ 47 km am 05.10.), 13,4 Kilometer zu Fuß
Übernachtung: Best Western Plus Edmonds Harbor Inn, Edmonds, WA

Relaxed in Portland


Emma, Peter, Gabi & Jürgen in der Deschutes Brewery, Portland, OR

Heute morgen werden erst mal die „Hausaufgaben“ von gestern nachgeholt, sprich: Tagebuch geschrieben. Das geht hier sehr gut, weil ich einen schönen Schreibtisch mit vernünftigem Stuhl habe, sehr schön! Nach gemütlichem Frühstück machen wir uns auf die Socken, kleines Gepäck - wir wollen Portland erkunden.

Nach kurzem Fußweg erreichen wir das Hospital - hier fährt die Straßenbahn vorbei, die wollen wir nehmen. In der Wartezeit kann ich ein paar Studien machen bzgl. Rettungsdienst, denn hier fahren gleich 4 RTW gleichzeitig vor. Schnell sind zwei Daytickets gekauft, mit jeweils 5,00 $ können wir nun alle öffentlichen Verkehrsmittel hier benutzen - tun wir dann nur nicht.

Ok, die Hinfahrt in die Stadt geht per Straßenbahn. Eine junge Dame weist uns plötzlich im besten Deutsch darauf hin, dass hier „Powell’s Books“ kommt - das wollten wir uns eh ansehen. Also raus aus der Bahn.

Der Buchladen ist mit 1 Million gebrauchter und neuer Bücher der größte unabhängige Bookshop weltweit. Dabei kommt er urig und gemütlich rüber. Überall diese einfachen, alten Holzregale. Und die Idee finde ich super: man kann hier seine alten Bücher in Zahlung geben und die werden dann wieder verkauft. Die Auswahl ist wirklich atemberaubend. Wir schauen uns um, finden in der „deutschen Abteilung“ einen jungen Mann, der sich freut, seine Deutschkenntnisse unter Beweis zu stellen und entdecken sogar Goethes Faust neben dem Grüffelo.

Weiter geht es zum Pioneer Courthouse Square, einem der zentralen Punkte. Wir streifen durch Sportgeschäfte, sehen dem bunten Treiben zu und nähern uns dann der Waterfront. Hier joggt und radelt alles, was das Zeug hergibt. Andere schlendern wie wir am Columbia River entlang. Viele Brücken gibt es, z.T. sehr alte. So erreichen wir die Old Town, die mit Chinatown identisch ist.

Später schließt sich der Kreis, als wir wieder in den Pearl District mit den vielen Geschäften und Brauereien wechseln. Noch mal „kurz“ zum Apple-Store, das hat sich ja inzwischen zu einer Masche entwickelt. Nun haben wir aber wirklich Durst und gehen für 1 Bier (so der Vorsatz) in die Deschutes Brewery.

Dort habe ich das Geld schon auf dem Tisch, da wir gehen wollen, als sich Emma und Peter zu uns setzen. Sie leben in San Francisco und wir beginnen zu reden. Das entwickelt sich so nett, dass wir noch ein Bier und Cider bestellen. Und noch eins. Und Garlic Fries, die wir gemeinsam verputzen. Das Bier ist prima - das Gespräch noch viel besser. Alles kommt dran: unsere Urlaube, was wir beruflich so machen, wie das Leben in den USA und Europa/Deutschland so ist, wie der Präsident, dessen Name nicht genannt wird (Harry Potter lässt grüßen und wir lachen herzlich über den Vergleich), in sein Amt kam, wie das mit den Flüchtlingen so ist hier und dort und warum in Deutschland wohl viele vergessen haben, wie schlecht es dem Volk mal ging etc. etc.

Super Englisch-Training und wir reden uns bestimmt 2 Stunden die Köpfe heiß. Immer ernsthaft, aber auch sehr vergnügt, entspannt und freundschaftlich. Wir machen uns auf Facebook bekannt miteinander, gucken in unsere Webseite, lassen uns fotografieren und hätten gut den Rest des Urlaubs miteinander verbringen können. Die beiden sind einverstanden, dass wir dieses Foto veröffentlichen und wir besprechen noch kurz das Thema „Datenschutz in der EU“. Zum Abschied erzählt Peter (zur Hälfte Ungar, zur Hälfte Mexikaner, aber in den USA geboren) noch seinen Lieblings-Golfer-Witz mit Jesus und Moses. Ach, ist das nett mit den beiden. Ganz lieben Dank für den tollen Nachmittag, das war so schön mit euch!!

Nun wollen die zwei aber noch zu Powell’s und wir haben feste Nahrung nötig. Warum zur nächsten Brewery (der ältesten Portlands) mit der Bahn fahren, wenn wir zwei gesunde Füße haben? Dort gibt es ein letztes Bier und einen Burger für jeden. Den Rest des Nachhauseweges schaffen wir jetzt auch noch. Um 19 Uhr sind wir wieder im Zimmer, Gabis Tacho zeigt 15,5 km Fußweg. Bettschwere haben wir auch, also ein verspäteter Mittagsschlaf?

Noch nicht zu Ende gedacht, da schlafen wir schon. 2 Stunden! Jetzt ist die Website fertig, wird gleich final hochgeladen und dann überlegen wir mal, ob wir morgen nach Plan verfahren oder ob uns noch was Zusätzliches einfällt. Der Tag ist jetzt im wahrsten Sinne des Wortes auch vorbei.

Portland jedenfalls ist eine total entspannte und sehr schöne Stadt. Leider liegen hier und da ein paar Leute auf dem Gehweg, die müde sind (?) und denen es nicht so gut geht wie uns. Alles in allem aber fühlen wir uns hier pudelwohl! Viel Grün, Wasser, Bier (hihi) und super nette Leute.

Tagesetappe: 15,5 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Silver Cloud Inn, Portland, OR

Unglaubliche Kräfte …


Gabi im Mount St. Helens National Volcanic Monument, Elk Rock Viewpoint, WA

Einen richtig gemütlichen Frühstücksraum haben die hier im The Dalles Inn, mit Boothes, in denen man gemütlich sitzen kann. Wir lassen es heute ganz relaxed angehen. Das Frühstück ist ok, was aber bemerkenswert ist: auch hier wird umfassend Mehrweggeschirr und -besteck eingesetzt. Ein Trend, den wir schon in den vorherigen Motels z.T. zu unserer Freude vermerken konnten.

Überhaupt scheint hier in dem Land, in dem es nach der Meinung eines gewichtigen Staatsmannes keinen Klimawandel gibt, ein diesbezügliches Umdenken Einzug zu halten. In den großen Supermärkten wird sehr viel „Organic Food“ angeboten, dazu sehr, sehr viele Getreide, Nüsse, Gewürze, Müslis, Reissorten etc. zum Selbstabfüllen - also ohne Einwegverpackung. Und auch in der Obstabteilung, letzte Tage konnten wir unsere Pflaumen in Papiertüten packen. Gut, dass die freundliche Kassierein diese Papiertüte zusammen mit den übrigen Einkäufen wieder in eine Plastiktüte steckte - daran arbeiten wir noch. Aber auch an der Kasse hören wir immer häufiger (auch in den vergangenen Jahren schon): paper or plastic? Gut so, weiter so!

Planmäßig geht heute unsere Reise (grob) entlang des Oregon Trail zu Ende. Mit Portland werden wir den westlichsten Punkt erreichen, den die Siedler damals anvisiert haben. Deshalb noch mal kurz inne halten und „Respekt“ zollen für diese Hammerleistung. Wir kurven hier mit unserem CX-5 über jede Mountainrange, in Serpetinen hoch und runter als sei es nix. Das mit Ochsenkarren, den Gefahren von Unfällen, Stromschnellen, Seuchen, Indianerüberfällen, Streitigkeiten untereinander, Hunger und Durst etc. zu meistern - unglaublich. Das müssen schon Kräfte gewesen sein, die die Menschen damals zu solchen Taten bewegt und getrieben haben. Anziehungskräfte wahrscheinlich - die des „gelobten Landes“.

Auf unserer Reise in den letzten Tagen haben wir auch ganz viel Landwirtschaft gesehen. Wo immer Talgrund oder nur sanft hügelige Weite zu finden war, wird Ackerbau und Viehzucht betrieben. „Food on Hooves“ hieß das bei den Siedlern. Heute stehen die großen Rinderherden hauptsächlich für Steaks, Burger, Milch und co. Gar nicht so anders als damals wahrscheinlich. Und die ein oder andere gigantische Beregnungsanlage werdet ihr vielleicht auch auf einem Foto entdeckt haben?

Heute soll es durch die Columbia River Gorge nach Portland gehen. Schlappe 177 km, das klingt easy. Im Hotel erklärt uns die Dame am Empfang nach telefonischer Rücksprache mit ihrem Mann, dass der alte Highway US-#30 zum Rowena-Viewpoint hoch über The Dalles nach den verheerenden Waldbränden inzwischen wieder befahrbar sein müsste. Sicherhheitshalber halten wir aber noch Columbia Gorge Discovery Center und bekommen da perfekte Auskunft für den Tag, auch zu Sperrungen der US-#30 wegen der damaligen Brände auf der weiteren Strecke bei den Wasserfällen. Perfekter Service.

Am Aussichtspunkt haben wir eine tolle Sicht auf den Columbia River. Dieser stellt die Grenze zwischen Oregon (hier) und Washington (auf der anderen Seite) dar. Einige schöne Fotos gelingen auch zu der Straße, die uns hochgeführt hat.

Planmäßig rollen wir bei Hood River über eine Mautbrücke (abenteuerliche Stahlkonstruktion) auf die Washington-Seite, um von dort einen Blick auf die bewaldete Seite Oregons zu erhaschen. Und natürlich auf den Mount Hood, den wir gestern schon immer wieder im Blick hatten und der sich von hier im besten Licht zeigt - perfekte Sicht. Später soll es dann über die „Bridge of the Gods“-Brücke wieder zurück auf die andere Seite und zu den Wasserfällen gehen um dann in „Null Komma Nix“ in Portland zu sein. Doch es kommt anders. Ganz anders!

Hinter der Brücke auf die Washington Seite befindet sich nämlich ein Visitor Center. Und da tut heute eine ganz findige und engagierte Dame Dienst. Bei unserer Routenplanung haben wir uns echt viel Mühe gegeben, alles unter einen Hut zu bekommen. Was einfach nicht hineinpasste war der Mount Rainier NP und das Mount St. Helens National Volcanic Monument. Nun hatte uns in den Painted Hills eine Lady, mit der wir uns unterhielten, schon den Floh ins Ohr gesetzt, dass der Mt St. Helens von Portland aus durchaus machbar sei, z.B. am Samstag auf dem Weg nach Long Beach.

Zurück zum Vistor Center - da kann man ja mal fragen, wie das ist, übermorgen mit dem Mt. St. Helens. Die Dame schmeißt uns förmlich zu mit Infomaterial und Landkarten, zeichnet hier und skizziert da - die ist einfach unglaublich. Kurz gefasst: heute ist das Wetter perfekt, die Sicht gut und der Weg von hier aus durch den riesigen Giffort Pinchot National Forest zwar weiter, aber ungleich schöner als über die Interstate von Portland aus. Und Samstag soll das Wetter ja schlechter sein - da kann man doch besser Zeit in der Stadt verbringen und HEUTE zum Vulkan fahren …

Gesagt getan, kurz entschlossen schmeißen wir unseren Plan über den Haufen. Allerdings ist es schon ganz schön spät am Vormittag. Egal - die Zeit wird reichen, aber die Fahrt lang. Auftanken und ab in den Wald. Lange, gerade Strecken wechseln sich ab mit endlosen Kurven, bergauf, berab, Indian Summer, traumhaft.

Dann der erste Viewpoint auf den Mt St. Helens - noch ganz weit weg. Dennoch schön und wir sehen die weitestgehend unversehrte Südwand. Dann sehen wir den Berg eine ganze Weile nicht mehr, bis wir am Visitor Center des Nation Monument auf der Westseite des Vulkans ankommen. Weitere Info einholen - von hier aus noch eine Stunde Fahrt bis zum Zielpunkt. Gabi übernimmt das Steuer, wir halten an einigen Viewpoints und erreichen dann gegen 16:00 Uhr das Johnston Ridge Obervatory - direkt gegenüber der Nordflanke des Mt. St. Helens.

Im Visitor Center schauen wir uns einen Film an, gute Viertelstunde. Hier wird uns die Macht der Erdgewalten optisch und akkustisch sehr fühlbar nahe gebracht. Und wieder stehen wir staunend draußen und blicken auf die Apokalypse. Das besondere an diesem Vulkan (wir haben ja schon einige gesehen und sogar auf ihnen übernachtet - Yellowstone, Hawaii): an den gewaltigen Ausbruch am 18. Mai 1980 können wir uns beide noch gut erinnen. Nicht aber daran, was wirklich passierte:

Die komplette Nordflanke des Vulkans rutschte völig unerwartet in einem gigantischen Erdrutsch ab. Der Vulkan spie Asche bis 15 Meilen hoch in die Atmosphäre, der „Blast“ fegte ganze Wälder weg, geschmolzenes Gletschereiswasser aus dem Vulkan rauschte den Berg hinab und nahm die Baumstämme mit sich, die wiederum Brücken und Straßen beseitigten, die Landschaft veränderte sich umfassend, 57 Menschen kamen zu Tode. Die Asche verteilte sich damals um die ganze Welt.

Ich kann nur sagen: unfassbar, erst recht, wenn du dort stehst und auf die gigantischen Ausmaße des Berges, Tales etc. schaust. Einige entwurzelte oder „entzweigte“ Stämme liegen oder stehen immer noch am gegenüber liegenden Hang. Ich habe auf die Schnelle mal ein Video auf Youtube gefunden, das einen kleinen Einblick gibt - einfach klicken. Wer googelt, findet noch viel mehr dazu.

Das hat sich wieder mal echt gelohnt, nun nehmen wir die 2 Stunden Fahrt nach Portland unter die Räder, diesmal die letzte Stunde über die Interstate. Es ist nahezu dunkel, als wir ankommen und die innerstätdische Verkehrsführung der Interstates kann sich sehen lassen. Noch nie bin ich über eine 5-6-stöckige Autobahn gefahren. Wie baut man so was??

Zimmer beziehen, einmal um den Block, ein Restaurant suchen. Wir finden was ganz uriges, natürlich eine Mikro-Brauerei, den McMenamins Tavern & Pool Brew Pub. Hier wird Pool gespielt, getrunken, gegessen und gelacht. Wir sind echt hungrig, bestellen eine 16’’-Pizza (totaler Wahnsinn) und essen sie bis auf ein wenig Kruste komplett auf. Dazu habe ich wieder interessante Biere und Gabi Cider (1x mit Erdbeergeschmach, 1 x mit Blueberry). Die Bierkarte bei den Fotos gibt nur einen Auszug der vom Fass erhältlichen Biere wieder - ich hatte das „Ruby“ und das „Tropical Heart Sour“.

Wieder im Zimmer schaffen wir nur noch die Fotos, dann schauen wir noch ein wenig fern, bevor um 00:00 Uhr die Augen zufallen. Morgen (heute): ein ruhiger Tag in Portland - wenn wir nicht wieder umplanen …

Tagesetappe: 515 Kilometer gefahren
Übernachtung:
Silver Cloud Inn, Portland, OR

Oregon Trail


Gabi am Hells Canyon Overlook, Wallowa Mountain Loop, OR

Ein Tag ganz im Zeichen des Oregon Trails liegt hinter uns.

Wir lassen es ruhig angehen. Draussen zeigt das Wetter strahlendblaue, sonnige 3 Grad Celsius (über Null!) und wir frühstücken erst mal gemütlich. Welch ein Wetterglück wir bislang hatten. Der Tag verspricht super sonnig zu werden - ich bleibe bei meiner kurzen Hose.

Gleich hinter Joseph zeigen sich mehrere dieser wundervollen Barns im strahlenden Sonnenlicht. Rot leuchten die Scheunen vor der Bergkulisse. Immer wieder halten wir für Fotos an. Sorry Borch, dass wir nicht zu Hause sind für ein gemeinsames Bier - das holen wir bestimmt nach; aber danke für das liebe Telefonat mit good old germany.

Wir nehmen nicht die direkte Strecke nach Baker City sondern nehmen einen zeitlichen Umweg in Kauf. Das war von Anfang an so geplant, ist doch die „Wallowa Mountain Loop“ eine der ausgezeichneten Strecken in Oregon. Und ich muss sagen: zu Recht! Das ist sicher eine (weitere) der schönsten Straßen, die wir hier im Westen je gefahren sind. Natürlich tun das Wetter und die Herbstfarben ihr übriges dazu.

So kurven wir wieder über endlose Serpentinen, treffen kaum ein anderes Auto. Die Straße ist „very curvy, but two lane paved“, wie die nette Dame im Visitor Center Enterprise uns heute noch mit auf den Weg gab. Ich wollte sicher sein, dass sie nicht aus irgendwelchen Gründen gesperrt ist. Eine tolle Fahrt!

Mal wieder irgendwo ganz oben angekommen geht es links ab zum „Hells Canyon Overlook“ - dem zweiten Grund, warum wir gerade diese Strecke nehmen. Die tiefste Schlucht Nordamerikas ist nämlich mit 1.900 m der Hells Canyon, während der Grand Canyon es auf „nur“ 1.800 m bringt. Habe ich auch erst bei der Urlaubsplanung erfahren, aber diese Aussicht wollen wir natürlich mitnehmen. Nun ist das nicht ganz so spektakulär wie am Grand Canyon, denn man kann hier nicht bis unten in die Schlucht sehen - Gabi hüpft dennoch vor Freude.

Und wieder unterhalten wir uns mit einem amerikanischen Pärchen, er war in den 80ern in Frankfurt stationiert. Fotos - ich werde sie ihnen schicken und sie sind so dankbar.

Weiter geht es durch traumhafte Landschaft und bald biegen wir Richtung Westen ab. Kurz vor Baker City, unsrem heutigen Ziel, erreichen wir am Flagstaff Hill das National Historic Oregon Trail Interpretive Center. Dieses beinhaltet eine beeindruckende und bewegende Ausstellung zum Oregon Trail, der hier vorüber führt. 2.000 Meilen weit haben sich die Menschen im 19. Jahrhundert über 6 Monate lang auf diesem „Weg“ von Independence, Missouri bis in den Westen (Utah, Kalifornien, Washington) und zum Teil auch bis Portland/Oregon City gequält.

Es waren Auswanderer, Deutsche, Amerikaner, Iren, Spanier etc. die mit Ochsenkarren zunächst wegen des Weidelandes und der verheißungsvollen Zukunft, später auch wegen des Goldes (dann aber eher Richtung Kalifornien) den langen Weg auf sich nahmen. Jede/r 10. blieb auf der Strecke - im wahrsten Sinne des Wortes. Die Ausstellung ist wirklich super, draußen finden sich auch noch einige Planwagen und unten am Highway ein Stück weiter besonders geschützte „Original-Spuren“ des alten Trails. Natürlich gibt es auch davon ein paar Bilder.

2014 haben wir schon mal auf dem Oregon Trail gestanden, allerdings damals im Scottsbluff National Monument in Nebraska - das ist ein ganzes Stück weiter östlich.

Der Name unseres Motels passt: Oregon Trail Motel in Baker City. Eine einfachere und günstigere Absteige, aber für die eine Nacht völlig ok. Wir machen uns sofort auf, Baker City zu erkunden, das immerhin auch einen „Historical District“ hat. Unglaublich, diese Stadt. Wenige echte Prachtbauten (wo kommen die her)? ansonsten ist die Main Street eine einzige Enttäuschung. Puh, ist das abgewrackt hier.

Ein Lichtblick: Der „Barley Brew Pub“ - wir kehren ein und setzen uns an die Theke. Ich trinke 2 von den selbstgebrauten Bieren und bin wieder total begeistert. Das „Hot Blonde“ ist mit Jalapenos, Zitronenzesten und Zitronengras gebraut und schmeckt auch wirkllich höllisch scharf. Das „Coyote Peak Wheat“ ist ein milderes Weizenbier. Gabi gönnt sich ein Cider und einen Bourbon „on the rocks“. Leicht angeschickert suchen wir unser Zimmer auf. Da versorge ich schon mal die Bilder, dann ziehen wir nochmal los und landen schließlich gegenüber im zum Motel gehörenden „Oregon Trail Restaurant“.

Das ist ein typischer Diner - morgen gibt es hier auch Frühstück für uns. Wir werden super freundlich bedient und Gabi greift zum Ranch-Burger, ich zum Chilli-Burger. Beides Klasse! Jetzt ist das Tagebuch fertig und der Tag fast vorbei.

Morgen haben wir einiges vor. Nicht nur die Fahrt nach John Day mit einigen Dingen auf dem Weg. Nein - der Plan ist, nachmittags über John Day hinaus zu fahren und schon mal einen Teil des John Day Fossils Bed National Monumnet anzuschauen. Dieses besteht aus 2 sehenswerten Teilen. Je einer soll morgen und übermorgen dran sein. Da das alles aber wieder mal irgendwo im Nirgendwo liegt, werden wir morgen Abend nach John Day zurückfahren müssen. Das bedeutet entweder 2 x 90 Minuten oder 2 x 45 Minuten Zusatzfahrt. Wir freuen uns sehr darauf, denn rote Steine hatten wir diesen Urlaub noch nicht und die sind genau unser Ding. Ich weiß nur noch nicht, wie das dann abends klappt mit der Website. Mal sehen …

Tagesetappe: 225 Kilometer gefahren, 10,1 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Oregon Trail Motel, Baker City, OR

Huffin' and Puffin'


Gabi auf dem Valley Loop Trail, Mount Howard, Eagle Cap Wilderness, OR

Komischer Titel? Finde ich gar nicht - hätte aber heute morgen auch noch nicht gewusst, was das bedeutet …

Wir lassen es zunächst ruhig angehen heute morgen, denn es ist Sonntag. Der Name passt, denn die Sonne scheint ihren Job zu machen - zumindest hier unten im Tal. Regenaussichten für heute: 0,0 %, das passt uns gut. Nach einem stärkenden Frühstück ziehen wir uns etwas wärmer an, denn heute soll es in die Höhe gehen.

Aufbruch - und erster Stopp: Joseph! Ihr erinnert euch? Der „Chief“, nach dem der kleine Ort hier benannt ist. Bei Sonnenschein und blauem Himmel kommt die Mainstreet doch gleich viel netter daher als gestern Nachmittag. Beeindruckend sind vor allem die vielen künstlerischen Statuen, die hier auf jeder Straßenecke stehen. Chief Joseph ist häufiger dargestellt. Ein Blick in eine der trostlosen Seitenstraßen: da laufen doch glatt Rehe (Mule-Deer) über die Fahrbahn …

Auf der Fahrt zum Wallowa State Park halten wir kurz am gleichnamigen See, die Landschaft ist zu verlockend. Hier oben ist auch ein Indianerfriedhof, auf dem u.a. Chief „Old Joseph“ beigesetzt ist, der Anführer, von dem „unser“ Chief Joseph die Ämter übernahm. Besinnliche Grabstätte mit einigen Federn von Besuchern - der außer uns einzig anwesende andere Besucher echauffiert sich, dass am Fahnenmast noch nicht mal die Stars & Stripes wehen - ich pflichte ihm bei; im Ort hingen ja genug Flaggen herum.

Obwohl die Bergspitzen noch sehr im Nebel hängen, fahren wir mit der Tramway hinauf auf gut 8.200 Fuß, das sind 2.500 Meter über NN. Hui, ist das frisch hier: 30 Grad Fahrenheit bedeuten minus 1 Grad Celsius! Dazu immer noch Nebel.

Wir beschließen, ein „11-Ührken“ zu trinken und geben der Sonne damit eine weitere Chance. Bier aus der bekannten Brauerei von gestern für mich und ein Rotwein für Gabi - da kommt eine ältere Dame zu uns an den Tisch, möchte uns unbedingt fotografieren und ihre Lebensgeschichte erzählen. Glück mit dem Foto (ist gut geworden), eher Pech im Leben (Sportverletzung - Titanfußgelenk). Auf dem Mount Howard sind wir hier - erinnert ihr euch? Gestern den Bericht gelesen? Ich finde das schon bezeichnend, dass man den riesigen Berg nach dem Gerneral und den kleinen Ort zu seinen Füßen nach dem „Chief“ benennt, der sich ihm ergeben musste. Das dürfte m.E. auch anders herum sein.

Nun hilft nur noch Bewegung: also raus und rauf auf den Valley Loop Trail, der so viele spektakuläre Aussichtspunkte bietet - die aber allesamt nebelverhangen sind. Nur hin und wieder zieht es für wenige Sekunden etwas auf - aber nur etwas. Damit das alles nicht zu langweilig wird, beschließen wir uns zu verlaufen. Also dramatisch war das nicht - anstrengend schon. Sehr sogar. Wir wuchten unsere Astralkörper nämlich völlig unnötige 200 Höhenmeter steil nach unten, um sie später den gleichen Weg wieder hinauf zu hieven. Der „Valley Loop“ wäre aber auch zu kurz für uns gewesen.

So bringen wir es auf 5 km in 1:45 Std. Klingt langsam, ist es auch. Die Luft hier oben ist einfach zu dünn und obwohl wir es ja wissen, beruhigt es uns sehr, als uns später eine Infotafel darüber aufklärt, dass unsere Lungen hier Hochleistungen vollbringen. Tun unsere Herzen auch, die pochen bis in den Hals. Uff - huffin’ and puffin’ eben - schnaufen und prusten!

Nach einem netten Smaltalk mit einer ebenfalls ausgepumpten Wanderin fahren wir wieder hinunter. Der Kerl an der Bergstation möchte unsere Tickets einbehalten - ich hätte die aber gerne als Souvenier. Geht nicht, sagt er. An den Karten würden sie abends immer zählen, ob auch alle Gäste wieder unten sind. Wir steigen in die kleine Godel und sehen, wie er auf das Whiteboard unter „lost“ (verloren) eine „2“ einträgt und schon reicht er uns die Karten grinsend durchs Fenster. Lieb sind die hier.

Unten ist es merklich wärmer- so was gegen 15 Grad Celsius. Die Sonne tut gut und wir fahren zum nahen State Park, machen einige Bilder von den farbenfrohen Bäumen und den Lachsen, die gerade hier im Fluss laichen. Dann finden wir in der Nähe des oben erwähnten Friedhofs die unaussprechliche „Iwetemlaykin State Heritage Site“ mit einem wunderbaren Trail, der uns durch goldene Felder zu einem kleinen Tümpel führt, das bunte Herbslaub bietet einen tollen Kontrast zum blauen Himmel - traumhaft!

Hunger! Auf, zu unserer Brauerei von gestern, da gab es noch Dinge auf der Bier- und Speisenkarte, die probiert werden wollen. Heute sitzen wir im Biergarten. Bei den genannten Temperaturen geht das mit Jacke - solange die Sonne scheint. Herrlich! So leckeres Bier! Es ist hier überall üblich, das sie nicht nur die Geschmäcker genau beschreiben, sondern neben dem Alkoholgehalt (der von 4,x bis durchaus 10,x % variieren kann) auch die „IBU’s“ angeben, die „International Bitterness Units“. Daran kann man erkennen, wie gehaltvoll (und hopfig, bitter) das Bier schmeckt. Gestern hatte ich 19, heute 45 - es gibt auch über 80 …

Gabi nimmt Cider und Pasta „Cajun“ (schön scharf) mit geräuchertem Lachsfilet. Ich muss die Nachos mit Käse, Jalapenos, Bohnen und Salsa probieren und bekomme eine Riesenportion, die ich nur zur Hälfte schaffe - die andere steht jetzt hinter mir auf dem Kühlschrank in einer Box.

Bevor das Essen kommt fragt Gabi, ob „Cider“ eigentlich „Äppelwoi“ sei. Da habe sie nicht ganz unrecht, meine ich und schon spuken Frau Widdin, Herr Schenk und das gemeinsame Faktotum „Herr Nonsens“ bei uns am Tisch rum. Gut, dass da das Essen kommt, weg mit euch „Plagen unserer Kindheit …“

Gegen 17:00 Uhr sind wir wieder am Motel. Wir beschließen eine verspätete Mittagspause und machen „große Wäsche“. 1,50 $ für die Waschmaschine, der gleiche Betrag für den Trockner und 1,00 $ fürs Waschmittel. Praktisch - jetzt ist alles wieder sauber. Gabi ruht eine Runde, ich ziehe mir 2 Folgen „Grey’s Anatomy“ rein. Dann machen wir uns über die Fotos und das Tagebuch her und jetzt ist es 21:30 Uhr und alles fertig.

Morgen geht unser kleines Abenteuer weiter - wir freuen uns!

Tagesetappe: 55 Kilometer gefahren, 12,6 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Eagle's View Inn & Suites, Enterprise, OR

Winding, windy road to Enterprise


Gabi auf dem Hwy. #3 bei Enterprise, OR

Es hat etwas geregnet letzte Nacht. Nach dem Frühstück mit Waffeln, Omelettes und Burger Patties machen wir uns auf die Socken.

Schnell schiebt sich die Straße in die Höhe, zunächst durch Wald (sehr schön!), dann liegen wieder diese endlosen hügeligen, goldenen Stoppelfelder vor uns. Verrückt! Das sieht eigentlich aus wie ein einziges Feld bis zum Horizont. Leider regnet es wieder etwas, Fotos fallen aus. So erreichen wir Lewiston und machen einen kurzen Fotostop an einem Aussichtspunkt oberhalb der Stadt. Weite Sicht, etwas ruppiges Wetter.

Das wird auf der Weiterfahrt nicht besser, ganz im Gegenteil. Wind frischt auf und zerrt am Auto. In Fahrtrichtung wird alles ziemlich grau und es sieht fast so aus, als sei da vor uns ein Tornado. Rollbüsche fegen über die recht einsame Straße, einige begehen Selbstmord, indem sie sich genau vor unser Auto stürzen und überrollen lassen. Spooky! Dann setzt auch noch heftiger Regen ein.

Die Straße wird viel bergiger, als wir vermutet hatten. Endlose Serpentinen bis auf knapp 4.000 Fuß Höhe, dann wieder komplett runter und wieder hinauf, diesmal auf über 4.800 Fuß. Der Regen hört irgendwann auf, sie Kurven tun das nicht. Und windig ist es immer noch - Gabi fegt es fast vom Felsen, als ich das Foto mache.

So erreichen wir ohne viel Aufsehen um 14:30 Uhr Enterprise in Oregon. Hier werden wir zwei Nächte bleiben - das ist gut, denn die Wallowa Mountains sind ein beliebtes Wandergebiet. Wir hoffen auf gutes Wetter, dann ist morgen vielleicht sogar eine Auffahrt mit der Seilbahn drin.

Nun werden wir uns noch mal aufmachen und eine Runde drehen. Bewegung muss her und dann später ein Abendessen. Die örtliche Brewery wird empfohlen - na dann wollen wir doch mal sehen.

Da es wieder leicht regnet fahren wir aber erst mal ins 6 Meilen entfernte Joseph. Hier bummeln wir über die Mainstreet - viel los ist derzeit nicht. Wegen des Wetters mache ich heute auch keine Fotos mehr. Wenn es morgen besser wird, dann kommen bestimmt auch Bilder vom Indianerhäuptling Chief Joseph auf die Website.

Was hat es mit Chief Joseph auf sich? Dazu habe ich mal aus dem Netz das Wesentliche zusammen gestellt, denn es spielt eine Rolle - fahren wir in diesen Tagen doch genau durch die Berge, durch die der Fluchtweg der Indianer seinerzeit führte:

Chief Joseph oder Hinmaton-Yalatkit (Donner-der-den-Berg-herunter-rollt), geboren am 3. März 1840; gestorben am 21. September 1904, war der Häuptling der Wal-lam-wat-kain-Gruppe der Nez-Percé-Indianer aus dem Wallowa-Flusstal im nordöstlichen Oregon (meist als Wallowa-Indianer bezeichnet). Er machte sich gegen Ende der Indianerkriege während des Nez-Percé-Krieges einen Namen als kluger Taktiker.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts drangen immer mehr weiße Siedler in den Lebensraum der Nez Percé ein. Die US-Regierung ließ die Nez Percé umsiedeln und ihr fruchtbares Gebiet für die Besiedelung durch die Weißen freigeben.

Chief Joseph war weder ein Oberhäuptling, noch hatte er den Rang eines Kriegshäuptlings. Neben ihm gab es zum Zeitpunkt der bevorstehenden Umsiedlung 1877 noch andere Häuptlinge im Tal sowie insgesamt rund 1.000 Leute mit über 200 Kriegern. Über Krieg und Frieden bestimmten die bewährten Krieger. Das Machtgefüge der Indianergruppe war so kompliziert wie die US-amerikanische Bürokratie, die sich seit Ende 1872 mit ihrer Umsiedlungsfrage beschäftigte.

Die Nez Percé wehrten sich gegen die geplante Umsiedlung und wollten unter Josephs Leitung nach Kanada fliehen. Am 6. Juni 1877 brachen sie auf. Unterwegs kam es immer wieder zu Kämpfen mit US-Truppen, die der US-Armee mehrere Niederlagen einbrachten. Die Flucht zog sich über vier Monate und 2.400 Kilometer quer durch die Bundesstaaten Oregon, Wyoming, Idaho und Montana hin, brachte 123 Soldaten und 55 Zivilisten den Tod und kostete die Armee damals 931.329 Dollar. Zivile Schäden und Verwundete wurden nicht eingerechnet. Die Nez Percé zählten etwa 100–120 Tote, darunter Josephs Bruder Ollokot, Toolhoolhoolzote und Looking Glass.

Erst ein bis zwei Tagesritte (40 Meilen) vor der kanadischen Grenze kapitulierte Chief Joseph am 5. Oktober 1877 in den Bear Paw Mountains vor General Oliver Otis Howard und Oberst Miles, da seine Leute nur unter Zurücklassung der Verwundeten, alten Frauen und Kinder hätten fliehen können. Etwa 430 Nez Percé gingen in Gefangenschaft. Etwa 50 Leute entkamen in der Nacht vor der Kapitulation nach Kanada. Insgesamt fanden etwa 200 Nez Percé bei der Lakota-Gruppe von Sitting Bull im kanadischen Exil Zuflucht.

In den folgenden Jahren kam es zu mehreren behördlichen Teilungen der Gruppe und zur Zusammenführung mit den aus Kanada zurückkehrenden Nez Percé. Vor allem kostete die Ansiedlung im Indianerterritorium von Oklahoma 1878/79 etwa 130 Leben (Malaria), obwohl Chief Josephs Gruppe dort im vorteilhaftesten Landstrich angesiedelt wurde. Chief Joseph trat nun in Verhandlungen, um eine Rückkehr in den Norden zu bewirken, so zum Beispiel 1879 vor dem Kongress. Er erreichte nichts. Erst 1885 wurde ein Teil der Nez Percé an den Columbia-Fluss in Idaho verlegt, der andere Teil nach Colville in Washington. Dort starb Chief Joseph am 21. September 1904; gemäß seinem Arzt an gebrochenem Herzen.

Sein berühmtestes Zitat stammt vom 05.10.1877, dem Tag, als er sich General Howards Truppen ergab:

„Sagt General Howard, ich weiß, was ihn bewegt. Was er mir bereits gesagt hat, habe ich in meinem Herzen. Ich bin des Kämpfens müde. Unsere Häuptlinge wurden getötet. Looking Glass ist tot. Too-hul-hul-sute ist tot. Die Alten sind alle tot. Die jungen Männer haben nun das Sagen. Jener, der sie einst führte, ist tot. Es ist kalt, und wir haben keine Decken. Die kleinen Kinder erfrieren. Einige meines Volkes sind weggelaufen in die Berge. Sie haben keine Decken und nichts zu essen. Niemand weiß, wo sie sind – vielleicht erfrieren sie gerade. Ich will Zeit, um nach meinen Kindern suchen zu können und um zu sehen, wie viele von ihnen ich noch finden kann. Vielleicht finde ich sie unter den Toten. Hört mich, meine Häuptlinge! Ich bin müde. Mein Herz ist krank und traurig. Vom jetzigen Stand der Sonne an will ich nie mehr kämpfen.

Wenn der weiße Mann in Frieden mit den Indianern leben will, so kann er das. Gebt allen Menschen das gleiche Gesetz. Gebt allen Menschen die Möglichkeit, zu leben und sich zu entwickeln. Alle Menschen wurden vom großen Geist erschaffen und alle sind Brüder.“

So war das und es erscheint mir wichtig, das hier nicht unerwähnt zu lassen.

Tatsächlich kehren wir auf dem Weg zum Motel in Enterprise dann auch im Terminal Gravity Brewing Pub & Restaurant ein. Gemütliche, kleine Brauerei mit 11 selbstgebrauten Bieren zu sehr vertretbaren Preisen. Dazu mampfen wir die ersten Burger dieses Urlaubs - sagenhaft lecker. Es gibt mehrer kleine Gasträume und in unserem sitzen an 4 Tischen 4 Paare. 2 Seniorenpaare, 2 x hintereinander verschiedene Youngster-Paare um die 30 und das gesegnete Mittelalter - wir zwei beiden.

Und es ist so nett: alle reden mit allen, die sind so aufgeschlossen die Amis, das mögen wir sehr. Eines der älteren Paare hat Wurzeln in Bremen und spricht sogar noch recht gut deutsch. Sie macht ein Foto von uns - das bekomme ich geschickt. Klasse ist das Motto des Ladens: „Middle of nowhere - Center of the universe“

Jetzt folgt ein gemütlicher Abend - bis morgen!

Tagesetappe: 357 Kilometer gefahren, 5,3 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Eagle's View Inn & Suites, Enterprise, OR

Stein & Twin Skinny - made my day


Gabi am Obertal Inn, Leavenworth, WA

Die Nacht war super und beim ersten Kaffee an der Theke in unserer Küche liest mir Gabi aus einer Broschüre die Beschreibung zu Leavenworth, unserem heutigen Ziel vor:

„Wind your way into Bavarian Leavenworth and the landscape shifts to an Alpine village - imagine you are in the high peaks of Europe! Leavenworth delivers high-voltage Bavarian memories: yodeling, schnitzel, oom-pa-pa music, lederhosen and dirndls-a-plenty. It’s even home to one of the world largest nutcracker collection at the Leavenworth Nutcracker Museum! …“

Sagte ich ja - wir fahren heute nach Bayern. Mal schauen, was die deutschen Auswanderer hier vor zig Jahren aufgebaut haben. Aber erst mal gehen wir frühstücken.

Frühstück ist wie gestern, perfekt, richtig gut! Wir unterhalten uns noch mit einem amerikanischen Paar über die Strecke von vorgestern, die die beiden heute in umgekehrter Richtung fahren - sie möchten gerne ein paar Ratschläge - haben sie bekommen. Wir gehen noch kurz runter zum Fluss, packen unsere 7 Sachen und verlassen schweren Herzens diese schöne Wohnung. Hatte kurz überlegt, die zu kaufen und hier zu bleiben …

Um 10:15 Uhr fahren wir los und wieder geht es durch schöne Landschaft mit 100 km/h (60 m/h) dahin. An einem schönen Aussichtspunkt stoppen wir, zu unseren Füßen erstmals: der Columbia River. Das hier ist nicht nur Aussichtspunkt, sondern auch Startplatz von Paragleitern. Einer ist zumindest gerade hier und wir quatschen kurz. Er könne am Wasser den Wind lesen, sagt er. Will meinen: wenn unten die Schattenwellen weg sind, geht es los. Wir beobachten ihn und machen ein paar Bilder. Bevor wir weiter fahren, stecke ich ihm eine meiner Urlaubs-Visitenkarten unter die Scheibenwischer. Wenn er sich meldet, bekommt er Fotos …

Am Lake Chelan halten wir nur kurz. Der See ragt 80 km in die Kaskaden hinein, ist bis zu 450 m tief und gilt als eines der schönsten Bootsreviere des Nordwestens. Wir machen ein paar Bilder und verabschieden uns wieder.

Nächster Stopp: Ohme Gardens County Park bei Wenatchee. Das Paar heute morgen beim Frühstück hatte gesagt, dass man diesem hügeligen botanischen Garten gerne ein Stündchen widmen kann. Kann man wirklich. Nicht außerordentlich spektakulär, aber schön, um sich die Füße zu vertreten.

So erreichen wir gegen 14:00 Uhr Leavenworth und damit eine Paralelgalaxie unseres bekannten Sternensystems. Das hier ist nicht von dieser Welt. Ich erspare euch Einzelheiten, weil das gegen die Genfer Menschenrechtskonventionen verstoßen würde. Nur so viel: Die Dame am Empfang im „Obertal Inn“ (hier wohnen wir) erzählt tatsächlich gerade bei unserer Ankunft ganz begeistert anderen Gästen, dass hier abends überall mehrere „oom-pa-pa-bands“ spielen würden. Ganz zu schweigen von den Restaurants mit Snitzel und Sweinshaksn. Schaut euch die Bilder an und wundert euch nicht - hier ist tatsächlich das ganze Jahr Weihnachten; Christbaumschmuck bekommen die Mädchen (in rosa) und die Jungs (in blau). Völlig gaga …

Ohne Alkohol ist das hier nur schwer zu verdauen und daher genehmigen wir uns in der „Blue Spirits Distillery“ ein Mini-Tasting von einem Gin, einem Bourbon-Whisky und einem Rum. Wir wollen ja nicht aus der Übung kommen.

Am Ende flüchten wir uns in den Waterfront Park, einen kleinen Urwald am Wenatchee River - immerhin!

Apropos immerhin: Immerhin habe ich nun schon die Fotos bearbeitet und hochgeladen und das Tagebuch ist auch fertig. Gleich gehen wir nochmal raus und fangen die Stimmung ein. Wenn da eine Kapelle „oom-pa-pa“ spielt, schreie ich - oder mache mein Jodeldiplom …

Super Abend - kein „oom-pa-pa“, ganz im Gegenteil. Wir finden das „Stein“ und Live-Music lockt uns hinein. Wir hatten echt keinen Bock auf eine dieser Sauerkraut-Kneipen oder „Sausage-Gardens“ mit überteuerten Preisen und möchte-gern-Bierseligkeiten. Im „Stein“ gibt es ein halbes Hähnchen mit „satt Pommes“ für Gabi und ein Mega-Sandwich, ebenfalls mit reichlich Pommes für mich. Dazu 50 Sorten Bier vom Fass (!!) - so viel, dass die Sorten auf drei riesigen Bildschirmen beschrieben werden.

Die Live-Muke ist vom allerfeinsten: „Twin Skinny“ geben alles. Sie spielt Rhythmus-Gitarre vom Feinsten und singt sich die Seele aus dem Leib. Gabi meint, sie habe „Dreck gefressen“. Er untermalt alles mit seiner E-Gitarre - vom bluesy Slowhand-Vorbild bis zum Flinkefinger - er hat es ebenfalls drauf. Und das ist wirklich erste Klasse. Wir verlängern um noch ein leckeres Bier und noch eins bis „Sendeschluss“ um 21:00 Uhr. Suuper Abend! Das hätten wir hier echt nicht erwartet. Leckeres Essen, frisches Bier (& Cider) sowie volle Röhre Live-Musik. Made my day!!

Tagesetappe: 182 Kilometer gefahren, 9,5 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Obertal Inn, Leavenworth, WA
© 2018 Gabi & Jürgen