Tagebuch




Days like these ...


Gabi auf der Hurrican Ridge, 5.242 feet (1.598 m) high, Olympic NP, WA

Heute kann alles - muss nix. Daher lassen wir es extrem ruhig angehen, drehen uns nochmal um, wollen gar nicht aus dem Bett. Kein Wunder, es scheint irgendwie saukalt zu sein. Klar, Fenster ist auf, aber soo kalt. Jap. Mehr als 9 Grad werden es heute nicht. Da ziehe sogar ich die lange Hose an und das will was heißen. Wir trödeln so rum, dass wir fast das Frühstück verpasst hätten. Naja - da hätten wir auch wirklich nichts verpasst.

Erster Weg: Visitor Center des Olympic NP. Ranger Matt ist nett, sehr sogar. Er gibt sich wirklich Mühe und hat zwei Top-Empfehlungen, die völlig kostenlos ihr Geld wirklich Wert gewesen wären.
Unsere Überlegung, auf die Hurricane Ridge hinaus zu fahren, unterstützt er voll. Wenn nicht heute - wann dann? Zuletzt war es oben meist diesig - so wie derzeit hier unten. Aber heute: er zeigt uns ein Live-Kamera-Bild. „Fahrt am besten sofort rauf - wer weiß, wie lange sich das so hält!?“ Das machen wir sofort. 17 Meilen lang ist die Fahrt immer bergauf, Geschwindigkeitsbegrenzungen - zu Recht! Nach knapp 40 Minuten sind wir oben und die Wolken liegen unter uns.

Tolle Aussicht, wie gut, dass wir das gemacht haben. Gerade mal noch 1 Grad Celsius hat es hier, dazu einen leichten, doch „fiesen Wind“, wie Mutter sagen würde. Ach ja, den Beiden geht es gottlob gut, wir haben heute Morgen noch geskypt, wie schon so häufig. Sie nehmen regen Anteil an unseren Erlebnissen und haben manch nette Mail geschickt. Danke dafür!

Den „Cirque Rim Trail“ laufen wir ab, tolle Aus- und Tiefsichten tun sich auf. Klasse! Gabi macht immer mehr Fotos und hängt sich dabei auch richtig rein. Das gefällt mir sehr gut.

Auf der Fahrt hinunter muss ich mal scharf bremsen. Da ist mir doch so ein Rehtier über die Straße gelaufen. Mit etwas Sicherheitsabstand im Seitenstreifen wirft es sich dann aber fotogen in Pose.

Der zweite super Tipp von Matt: Die „Sol Duc Area“ mit drei Anlaufstellen: „Salmon Cascades“, „Ancient Groves Trail“ und „Sol Duc Falls Trail“. In der Reihenfolge! Machen wir!!

Die 47 Meilen sind zügig gefahren. Es geht ein ganzes Stück den Weg von gestern zurück, wieder vorbei am schönen Lake Crescent. Dann links ab und schon sind wir im beschriebenen Bereich. Die „Salmon Cascades“ sind ein aufgewühltes Stück „Sol Duc River“; der Fluß stürzt sich hier über so machen Felsblock. Und machmal steigen hier die Lachse flußaufwärts. Laut Matt fühlt man sich dann wie in einem National Geographic Film. Natur pur. Nun, heute keine Lachse - der Fluss ist aber toll. Und wie beschließen, Matt’s Rat folgend, am Abend nochmal herzukommen, „es sind ja Tiere, vielleicht sind sie dann da?“

Matt hat uns auch erklärt, dass der klassische Regenwald eher im westlichen Part des Olympic NP zu finden ist (ihr erinnert euch? Forks, Lake Quinault etc.). Rund um den Lake Crescent und Port Angeles ist eher herkömlicher Urwald. Da wird meine Einschätzung von gestern doch glatt bestätigt. Kam mir ja gleich eher urwaldig als regenwaldig vor gestern und das hatte ich glaube ich auch so geschrieben im Tagebuch. Der Bereich rund um den „Sol Duc River“ stellt aber genau die Grenze zum Regenwald dar und der „Ancient Groves Trail“ zeige das sehr schön.

Darüber hinaus sei dieser Bereich tatsächlich bislang komplett vom Menschen (Rodungen) und Naturgewalten (verherendes Feuer) verschont geblieben. Das sei sehr selten und daher komme der Wald dort auch noch urtümlicher rüber. Auch das stimmt. Wir verzichten aber auf die Veröffentlichung zu vieler Bilder von da - wahrscheinlich kann der geneigte Leser schon keine Waldfotos mehr sehen. Wir haben aber reichlich auf Vorrat geschossen.

Der Trail zum Sol Duc Wasserfall schließlich ist dann die Fortsetzung eines perfekten Tages. Wir finden fotogene Pilze und wie gestern die kleine Maus huscht heute ein flinkes Squirrel über den Waldboden. Links Nüsse holen, nach rechts düsen, Baumstumpf rauf - futtern. Wieder nach links, neue Nuss - Spiel von vorne. irgendwann habe ich das kleine süße Tierchen dann doch halbwegs vernünftig erwischt.

Auf dem Rückweg nehmen wir das Stativ mit an die Salmon Cascades. Mit den Neutraldichtefiltern haben wir nun schon genügend Übung. Die Belichtung passt immer - es kommt dann auf den richtigen Ausschnitt an. Wir finden das schön, wenn das Wasser im Bild „fließt“. Es dämmert schon etwas und Jason Aldean singt heute schon zum zweiten Mal mit rauher Countrystimme sein „Days like these“. Perfekter Titel für den Tag, finde ich. Tage wie diese darf es im Leben gerne viele geben: total entspannt und dennoch voller schöner Erlebnisse.

Die Krönung war jetzt eben die Pizza von Dominos auf dem Zimmer: günstig und extrem lecker. Ich hoffe, wir haben noch ganz viele Tage wie diesen, wenn auch der Urlaub 2018 nun langsam zu Ende geht. Doch: „Heute ist nicht alle Tage …!“ Auch das ist gut so!

Tagesetappe: 203 Kilometer gefahren, 9,7 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Super 8 by Wyndham Port Angeles at Olympic National Park, Port Angeles, WA

Water? Falls!


Gabi & Jürgen am Madison Fall, Lake Crescent, Olympic NP, WA

Gehen mir die Überschriften aus? Nö - das war tatsächlich das Motto des Tages heute: Wasser fällt - meist von oben, entweder in Form von Regen (zwischendurch, aber heftig) oder als Wasserfall und derer hatten wir heute gleich zwei. Damit ist auch schon fast alles erzählt. Fast!

Frühstück gibt es nicht im Dew Drop Inn, wohl aber den obligatorischen selbstgebrauten Kaffee auf dem Zimmer, quasi im Bett serviert.

Wir starten in den Tag, indem wir den Forks Outfittern gegenüber einen Besuch abstatten. Dort bekommt Gabi ihr neues Holzfällerhemd, dass sie nun endgültig in diese Landschaft hier einpasst. Kommt gut auf den Fotos, das rotschwarz karierte Hemd, finde ich. In dem Laden kaufen wir auch gleich noch Sandwiches und Coffee zum Früstück, fahren zum nahe gelegenen Visitor Center und verputzen das dort draussen, denn derzeit ist es trocken. Blauer Himmel hier, dunkle Wolken dort.

Im Vistor Center gibt uns eine sehr, sehr pfundige Dame sehr herzliche Tipps für den Tag mit auf den Weg. Und sie versorgt Gabi mit allerlei Flyern und Infomaterial zum Twilight-Geschehen. Da muss auch noch ein Foto mit Edward und Jacob geschossen werden.

Wir steuern über den Hwy-#101 den Lake Crescent an - kurze Fahrt heute insgesamt. Weitere Ausflüge zur Nordwest-Küste (la Push u.ä.) lassen wir wegen der weiten Fahrt heute ausfallen. Dafür nehmen wir am Lake Crescent mit seinem türkisfarbenen Wasser, das so klar ist, dass man 20 Meter tief gucken kann, den Merymere Falls Trail unter die Füße. Wieder sehr herbstlich, sehr dschungelartig, aber nicht ganz so extrem regenwaldig wie gestern - von den Pflanzen her. das Wasser von oben stellt sich bald wieder ein. Und das schüttet! Gott sei Dank sind wir da schon wieder auf dem Rückweg vom Wasserfall.

Dort hatten wir Mutter und Tochter aus Ulm getroffen. Jetzt im strömenden Regen auf dem Rückweg treffen wir das junge Paar aus Moers. Klar, dass jedes Mal einige Worte gewechselt werden.

Die winzig kleine Maus, die uns schon auf dem Hinweg vor der Nase herumgetanzt war, begrüßt uns auch auf dem Rückweg ganz herzlich, zappelt aber so über den Waldboden, dass kein Foto gelingen kann. Mich wundert eh, dass bei den Lichtverhältnissen hier in den Wäldern vorzeigbare Bilder entstehen. Da bin ich stolz auf meine D750.

Gestern am Lake Quinault war es so: bleib 2 Minuten stehen - zack, hast du Moos angesetzt. Das Zeug fand sich einfach ü-b-e-r-a-l-l. Heute ist es anders: bleib 1 Minute stehen und du bist pitschenass. Im Grunde haben wir nur diesen einen Guss mitbekommen heute, sonst war es wirklich schön. Aber der hatte es in sich.

Zur Belohnung und zum Aufwärmen und Trocknen suchen wir die nahe gelegene Lake Crescent Lodge auf - sehr gediegen, wie gestern die. heute gönnen wir uns aber ein Bier und einen Cider am Lagerfeuer - besser gesagt:Kaminfeuer (es geht schon wieder durch mit mir).

Anschließend lacht die Sonne wieder und macht den Himmel blau. Überall dampft es gewaltig gen Himmel, Wasserdunst, der bald wieder als Regen runter kommt, denke ich. Nächstes Ziel: die Madison Falls, ebenfalls sehenswert. Der Trail war easy.

So erreichen wir Port Angeles, beziehen unser Zimmer und fahren zum Visitor Center. Gerade noch Glück gehabt: 16:55 Uhr - um fünft ist hier Schluss. Gut beraten verbschieden wir uns von der freundlichen Lady und erfahren im hinausgehen, dass sie in Nijmegen geboren ist - vor vielen Jahren. Kleef ist ihr sehr vertraut. Was ist denn los heute - ist ja fast wie zu Hause?

Ohne Umweg zum Abendessen, gleich neben dem Hotel. Seafood-Spaghetti für Gabi, ein Fischburger mit Onion-Rings für mich. Und ich lerne zwei weitere Brauwerke kennen. Das macht echt Spass hier im Nordwesten. Wird mir fehlen nächste Woche.

Jetzt ist es gerade mal 21:00 Uhr und schon Feierabend. Habe mich aber auch kurz gefasst heute. Machts gut, bis morgen! Und es gibt die gute Erkenntnis: Wasser fällt hier von oben, Wein und Bier fließen im gemächlichen Tempo - die Kehlen hinab.

Tagesetappe: 129 Kilometer gefahren, 9,0 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Super 8 by Wyndham Port Angeles at Olympic National Park, Port Angeles, WA

Rain! Forest!


Jürgen auf dem Kestner Loop Trail, Quinault, Olympic NP, WA

Frühstück überspringe ich, wir starten um kurz nach 09:00 Uhr. Es regnet und uns ist klar: das wird heute Programm! Haben wir mit gerechnet, haben wir bekommen.

Blöd ist, dass diese dusselige „Motorwarnleuchte“, auf englisch „check engine light“ leuchtet und wir nicht wissen, ob uns unser schönes Auto - oder besser gesagt, dessen Motor - irgendwann um die Ohren fliegt. Tut er nicht! Wir fahren gen Norden, immer auf dem Hwy. #101 die Küste entlang und nähern uns Meile um Meile wirklich menschenleerer Gegend. Die #101 ist übrigens die Fortsetzung des bekannten Hwy. #1 in Californien. Und morgen werden wir den bis auf das Teilstück Ekureka, CA bis Astoria, OR komplett von San Diego an der mexikanischen Grenze bis fast nach Kanada gefahren sein - über mehrere Jahre verteilt.

Wir hören wie immer schöne Musik, tanken zwischendurch, mampfen ein paar Chips und Träubchen und genießen die an uns vorbei gleitende Landschaft. Gabi vergisst sorgar die blöde Lampe zwischenduch, ich habe sie immer im Auge, genau wie die Kühlflüssigkeitstemperatur etc. Wir haben beschlossen, die Lampe schlicht zu ignorieren. Wenn wir eine Werkstatt finden - ok: dann lassen wir das mal checken auf Kosten von Alamo. Wenn nicht - auch gut, solange unser CX-5 rollt und das tut er. Zuverlässug schnurrt er die Meilen hinunter, satte 120 sind es, als die Lampe plötzlich gehen 13:30 Uhr ausgeht. Bzw. nach dem Starten des Motors an der Lake Quinault Lodge nicht mehr angeht. Das wars, that’s it! Seitdem ist Ruhe - sehr, sehr gut so. Hat doch etwas Nerven gekostet, die Sache, aber jetzt ist alles gut.

Also: wir erreichen den Olympic National Park, das ist reiner Regenwald und der macht seinem Namen heute alle Ehre. Dabei hört es bei unserem ersten Nature Trail sogar mal auf zu regnen - wir kommen halbwegs trocken durch, von den dicken Tropfen mal abgesehen, die von den Blättern hoch oben runtertropfen. Aber das hängt eben ganz eng zusammen, der viele Regen und der unglaubliche Wald hier. Alles ist so satt grün und gelb und orange. Leute mit „Grün-Allergie“ sollten unsere Fotos von heute besser meiden!

Farne, Moose, Flechten, Gestrüpp, riesige Bäume, mit 60-70 Metern Höhe meist höher als unsere Kirche zu Hause. Alles wächst und rankt sich über-, unter- und nebeneinander, verknotet sich miteineander und vermischt sich zu einem unglaublich schönen Urwald. Den zu durchschreiten - unbeschreiblich! Alles scheint zufällig hingeworfen und doch macht das alles Sinn, folgt es einem Naturgesetz - mehr Natur pur als hier geht nicht. Tiere gibt es von winzigklein bis ganz schön groß - sie zeigen sich uns aber nicht. Statt Zottelbären - Zottelbäume. Ruhig ist es aber, sehr ruhig, wenn da nicht das Tropfen der Tropfen wäre …

Wir können uns nicht sattsehen und gelangen schließlich an die Lake Quinault Lodge am gleichnamigen See. Hier mal ein paar Tage zu wohnen wäre auch schön. Nebenan ist die Rangerstation. Wir sprechen mit der Rangerin - heute, am 01.10. gilt unser im vergangenen September erworbener Jahrespass für alle Nationalparks der USA nicht mehr. Also entweder ein Wochenpass (für die nächsten 3 Tage) zu 25 $ oder wieder ein Jahrespass für 80 $? Keine lange Überlegung, das war zuvor im Auto keine 5 Sätze zwischen uns wert: wir sparen 25 $ und haben nun wieder bis 30.10.2019 „kostenlosen“ Zutritt zu allen NP in den USA. Jippi!

Wegen des anhaltenden Regens folgen wir dem Rat der Rangerin, den 31 Meilen langen „Loop Drive“ um den Lake Quinault abzufahren - das sei auch sehr sehenswert und zwischendurch gebe es Trails. Können wir sehr bestätigen. Die Fahrbahn ist meist „unpaved“ und später auch nur noch einspurig mit Haltebuchten, was aber kaum stört, weil eh kaum einer unterwegs ist, hier im Nirgendwo. Für mich heißt das aber: endlich mal wieder offroad fahren. Klasse, der CX-5 tut so, als sei nie was gewesen und lässt sich tüchtig vollsauen - die Straße und das Wetter bringen das so mit. Zwischendurch halten wir an, fotografieren einen Wasserfall und machen uns auf den Kestner Loop Trail. Dort erwischt es uns dann endgültig. Aus Regen wird „Katzen und Hunde“. Jetzt ist genug!

Etwas weiter nördlich nähern wir uns Ruby Beach, einem schönen Strand - und siehe da: der Himmel reißt auf und wird sogar blau. Damit hätte ich heute nie mehr gerechnet. Wir vertreten uns die Beine am Strand. Hier liegen unheimlich viele Logs, Baumstämme. Schließlich wurde und wird hier kräftig gerodet außerhalb des Nationalparks. Das Gesetz verlangt aber, dass spätestens nach 2 Jahren wieder aufgeforstet werden muss und dass das klappt, sehen wir.

Bis Forks hat es wieder kurz geregnet und dort angekommen fahren wir kurz bei der Visitor Information vorbei, geschlossen. Davor stehen zwei alte Autos, die an „Twilight“ erinnern. Ihr erinnert euch? Gabis geliebte, fünfteilige Vampir-Saga. Die spielt hier in Forks und darum wird natürlich hier etwas Rummel gemacht. Dabei sind die Drehorte gar nicht hier. Die Autorin hat sich hier aber inspirieren lassen und die Handlung nach Forks gelegt. Gedreht wurde in St. Helens (Oregon) und Kanada. Warum? Weil der Staat Washington zu viele Steuern und Abgaben haben wollte - dumm gelaufen, finde ich; ein typisches Beispiel von kurzsichtiger Politik.

Wir drehen hier noch eine Runde bis zur Highschool und gehen dann essen. Unaufälliger Laden, der „The Inn Place“. Aber vom Preis-Leistungsverhältnis das beste Lokal bislang. Sehr günstig, und erstklassig, das Steak und die „Super Nachos“. Dazu Bier vom Fass und Margarita.

Nun sind wieder alle Dinge erledigt, ich baue den Text jetzt noch gleich ein und lade ihn hoch, wenn Gabi wie immer Korrektur gelesen hat. Dann noch die Datensicherung und etwas fernsehen. Wir haben noch zwei weitere Tage im Olympic NP, morgen geht es die kurze Strecke nach Port Angeles.

Was habe ich heute gelernt? Dass nicht jedes Problem so zu Herzen und ernst genommen werden muss, denn es löst sich vieles von selbst!? Und dass sich das Wetter hier schneller ändert, als du „Regenwald“ sagen kannst. Ach, da schüttet es schon wieder …

Tagesetappe: 327 Kilometer gefahren, 11,2 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Dew Drop Inn, Forks, WA

Schiffe, Frösche, Leuchttürme


Gabi am North Head Lighthouse, Cape Disapointment SP, WA

Das Frühstück hier ist wie der Zimmerpreis: sehr überschaubar. Wir fassen uns kurz mit frischer Waffel, Cornflakes, Kaffee und O-Saft. Dann machen wir uns auf zum nahen Strand. Dieser hier in Long Beach soll gar der „longest“ worldwide sein. Immerhin weisen sie 28 Meilen (!) ununterbrochener Beach auf - nicht schlecht, oder?

Schlecht sollte das Wetter am Nachmittag werden - laut Vorhersage. Morgens trocken, mittags nass. Scheint eher andersrum. Der Strand ist breit, sehr breit und reicht bis zum Horizont. In beide Richtungen. Die Tropfen fallen vertikal - Mist. Nicht verzagen - es gibt ja noch das Museum in Astoria. Einkaufen müssen wir eh noch (in Oregon steuerfrei!), also los!

30 Minuten und eine gigantische Brücke von Washington nach Oregon weiter kaufen wir bei Safeway ein. Wochentage spielen hier diesbezüglich schon lange keine Rolle mehr. Das Gemüse wird hier von oben beregnet, Meeresfrüchte und Steaks schaue sich jeder mal selbst an, inklusive der Preise. Da würde bei mir zu Hause der Grill glühen, wenn das so zu bekommen wäre.

Dann lassen wir uns Zeit für das sehr sehenswerte und gut präsentierte Columbia River Maritime Museum. Da fesseln uns zunächst zwei 3-D-Filme in bester Qualität: „Hurricane“ und „Aircraft Carrier“. Im ersten Film wird eindrucksvoll und in drei „D“ gezeigt, wie Hurricanes entstehen, überwacht werden und welche Folgen - aber auch welchen Nutzen sie haben. Das fegt und regnet durch das Kino, dass uns ganz mulmig wird. Da können wir mit unserem Wetter und den paar Tropfen Regen gut leben. Das passt gut zu „unglaubliche Kräfte“ von letzten Donnerstag. Beeindruckend! Der zweite Film zeigt, wie die großen, atombetriebenen Flugzeugträger funktionieren. Da können wir ja seit letztem Jahr gut mitreden, ich erinnere nur an die USS Midway in San Diego. Im Ernst: wenn du in so einem 3-D-Flieger sitzt und vom Träger katapultiert wirst - weia! Das war prima!!

Das Museum selbst ist wirlich sehr gut, einige große Exponate, viele Schiffe. Dazu gute Erklärungen, dass z.B. hier in der Mündung des Columbia River in den Pazifik seit 1792 über 2.000 Schiffe wegen der kuriosen Bedingungen gesunken sind; unter Seefahrern gefürchtet, diese Ecke. Gabi steigt in die Green-Box und kann das Wetter vorhersagen. Das Ganze wird live übertragen auf den großen Fernseher nebenan. Ich kriege die Krise, weil ich es, im Gegensatz zu ihr, nicht hinkriege, dieses seitenverkehrte Denken.

Das US-Lightship Columbia hatten wir gestern schon gesehen. Jetzt dürfen wir drauf und auch von innen gucken.

Der Regen ist weg, wir fahren zurück nach Washingon und dort in den Cape Disapointment State Park. Hier stehen drei Trails auf dem Programm, allesamt durch dichten Regenwald. Es bleibt den Rest des Tages aber trocken, sehr gut!

Zwei Frösche sitzen auf dem Weg und haben nichts dagegen, fotografiert zu werden. Hier hätte ich gern mein Makro-Objektiv zur Hand, aber noch ein gutes Kilo mehr an Fotoausrüstung machen die Fluggesellschaften nicht mit (und Gabi auch nicht, glaube ich).

Die Leuchttürme sind alt und wichtig - siehe oben!

Dann kurven wir noch bis ans nördliche Ende der Halbinsel - vergeblich, hier ist der Hund begraben (und einen zusätzlichen hätte ich fast überfahren). Also zurück zum Motel. Auf dem Weg kommen wir noch an einem Cranberry-Feld vorbei. Die kleinen roten Früchte sind hier sehr populär, schmecken auch uns sehr gut und wachsen im Wasser.

Dort machen wir uns nochmal auf zum Beach, laufen über den Boardwalk und sehen neben einem Walskelett unseren ersten (bewussten) Bald-Eagle, einen Weißkopfseeadler. Der landet nämlich ganz gelassen auf einem großen Mast. Mist, jetzt liegt das 70-200 im Zimmer. Daher ist das mit dem Foto nix, das Erlebnis zählt aber. Der Strand ist ansonsten so wie heute Morgen, weit, weiter, am weitesten …

Dann müssen wir leider gute 2 Stunden damit zubringen, mit Alamo zu telefonieren. Unser CX-5 zeigt Alarm mit der Motorwarnleuchte. Es funktioniert aber alles wie immer, nur die blöde Lampe brennt. Diverse Telefonate später bin ich nicht viel klüger. Werde morgen mal sehen, ob ich ne Werkstatt auf dem Weg finde, evtl. Kosten übermimmt Alamo. Hauptsache, der Flitzer lässt uns nicht im Stich.

Abendessen waren wir wieder im „Castaway’s“. Klasse Seafood, grausame Organisation! Zum W-a-h-n-s-i-n-n-i-g-w-e-r-d-e-n! Die kleine, asiatische Kellnerin rast umher wir ein Irrwicht und ihr Zopf fliegt von links nach rechts. Gebacken kriegen die nichts. Schmecken tuts aber.

Nun ist alles gesagt und geschrieben. Ich gönne mir gleich noch irgendwas, vielleicht Wein & Fernsehen. Gute Nacht!

PS: die Weintrauben hier, die ich gerade knabbere: wie kann man so knackiges, pralles und leckeres Obst herstellen? Sonne und Wasser, meint Gabi - oder doch Gentechnologie?

Tagesetappe: 129 Kilometer gefahren, 14,2 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Cedars Ocean View Inn, Long Beach, WA

Hier war was los ...


Gabi auf dem "Island in Time Trail", John Day Fossil Beds NM (Sheep Rock Area), OR

… und das bezieht sich auf die Zeit vor zig Millionen Jahren ebenso wie auf den heutigen Tag. Ich muss mich aber angesichts der Uhrzeit kurz fassen (grins).

Frühstück gibt es nicht im Motel und einkaufen müssen wir ohenhin. Unser Wasser geht zur Neige. nach dem Riesenabendessen gestern ist uns nicht nach noch einem „real american breakfast“. Also fahren wir in den Supermarkt, kaufen ein und nehmen was warmes zum Früstück mit, das auch auf der Fahrt verzehrt werden kann: kleiner Burrito und Bagel, dazu 2 große Kaffee.

Noch in John Day fällt uns beim Vorbeifahren ein Schild an der Autowerkstatt auf: „Back again: pumpkin spiced motor oil!“ Ist das ein Scherz? Es spricht für sich, dass wir ernsthaft in Erwägung ziehen, dass der geneigte Autonarr seinem liebsten Stück tatsächlich zu Halloween Einen Ölwechsel „mit Kürbisgeschmack“ gönnt.

Nur wenige Meilen weiter das Ortseingangsschild von Dayville (siehe Foto) - wir sind ja heute den ganzen Tag immer noch auf dem „Journey through time Scenic Byway“. Na, die haben wenigstens Humor …

So erreichen wir bald nach den Painted Hills gestern die zweite „Einheit“ des John Day Fossil Beds NM: die „Sheep Rock Unit“. Im Visitor Center machen wir uns schlau, was die Trails angeht. Und wir staunen, was die hier im Nirgendwo aufgebaut haben: nicht nur eine große paläontologische Forschungsstation, sondern auch eine echt sehenswerte Ausstellung an Fossilien und Exponaten. Toll aufgemacht, dazu röhren und grunzen im Hintergrund auch immer noch die Dinosurier und Urzeittiere als Soundtrack. Sehr authentisch!

Wir schauen uns noch einen Film an und ich muss sagen: hier war tatsächlich einiges los vor zig Millionen Jahren. Immer wieder Vulkanausbrüche, Lavaflows, Ascheregen, Modderfluten, Überschwemmungen etc. So entstanden nach weiterer Errosion die Schichtgesteine in allen Farben, die wir auch gestern schon so genossen haben. Zusätzlich sind Fossilien zu finden und zwar in Massen - deshalb wird hier so intensiv geforscht.

Die Trails in der Sheep Rock Unit fesseln uns wieder, auch weil wir wiederum kaum jemanden treffen. Auf dem „Island in Time Trail“ mit seinen grün-blau-türkis-Ablagerungen und Formationen treffen wir zwei Paare aus Portland, die gerade im Ruhestand sind und nun die Nationalparks Oregons, Uthas und Arizonas erkunden. heute ist ihr zweiter Tag von 6 Wochen. Und sie staunen nicht schlecht, dass wir die Parks, die sie besuchen wollen, schon z.T. mehrfach besucht haben. Sie bekommen die Website empfohlen (für Fotoanregungen) und ein paar Tipps obendrauf. dann mache ich ein paar Bilder von ihnen und sie eins von uns.

Es folgen der „Flood of Fire Trail“ (man sieht die Lava geradezu heute noch fließen) und der „Story in Time Trail“ (mit noch grüneren Ablagerungen). Die Lanschaft auf der Weiterfahrt ist unbeschreiblich. Ihr könnt es wahrscheinlich nicht mehr hören bzw. lesen. Aber die Aussicht hier beim Fahren ist der Oberhammer. Nur einige wenige Fotos vom Wegesrand haben wir mit eingestellt.

In der „Clarno Unit“ (der 3. und weit entfernten Einheit des NM) können wir auf dem „Trail of Fossils“ dann tatsächlich Fossilien suchen und finden. Und wir müssen immer ein Auge darauf haben, ob hier in der Hitze nicht doch irgendwo ne Klapperschlange rumrasselt. Sie verhalten sich ruhig. Die Fossilien sind aber sehenswert. Einmal ein großer, runder und roter Baumstamm, der versteinert im Fels eingeschlossen ist. Und dann auch Blätter - auf dem Foto sind hoffentlich 2 rote und 2 weiße Blätter zu sehen - gefunden?

Shakino schafft sich selber ab und das wollten wir sehen. Der kleine Ort lässt sich so gehen, dass hier nach und nach eine echte Ghost Town entsteht. Traurig, aber wahr. Gut, das wir neben dem alten Feuerwehrauto, auf dem ich mich fotografieren lasse, auch ein neues finden und Rettungswagen dazu.

In „The Dalles“ erreichen wir gegen 17:30 Uhr auch wieder den Columbia River, der uns morgen ein gutes Stück begleiten wird. Im „Clocktower“ neben dem Motel gibt es wieder massenweise Zapfhähne für lokale Biersorten. Ich probiere wieder und wir essen lecker.

Mensch - ein Tag besser als der andere, was haben wir für ein Glück. Heute war echt wieder was los -wir haben es sehr genossen.

Morgen früh erreichen wir als erstes die Wetterscheide zwischen dem sonnigen Osten und dem üblicherweise regnerischen Westen. Das könnte nichts Gutes bedeuten. Ein vorsichtiger Blick auf die Wetter-App, wie es morgen und übermorgen in Portland aussieht: jippie!! Sonnig, kein Regen, 30 Grad! An beiden Tagen! Portland - wir kommen!!

Tagesetappe: 348 Kilometer gefahren, 8,4 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
The Dalles Inn, The Dalles, OR

Journey through time


Gabi und Jürgen am Painted Hills Overlook, John Day Fossi Beds NM (Painted Hill Area), OR

Ok - keine Klapperschlangen, keine großen Bären. Ansonsten gab es alles andere, was das Herz begehrt - ein perfekter Tag!

Alles fängt mit einem „richtigen“ amerikanischen Breakfast an. Bislang gab es immer Motel-Kost, heute frühstücken wir im Oregon Trail Restaurant. A la carte! Im gleichnamigen Motel gibt es nämlich kein Frühstück, im angeschlossenen Restaurant gegenüber aber 2,00 $ Rabatt aufs Frühstück. Ich kriege meinen geliebten Frühstücksburrito (Hashbrowns, Eier, Bacon, Käse gepresst in einen Maisfladen, dazu Salsa und Sour Cream) und Gabi bekommt ihr „Country Breakfast“ - das gleiche, nur ohne Taco, dafür mit Toast. Dazu Kaffee satt und eine Kellnerin, die vor Freundlichkeit nur so strotzt. Das halbe Dorf frühstückt hier offensichtlich - einen typischern Diner kann man sich nicht vorstellen.

Um 09:00 Uhr kommen wir endlich weg. Kurz tanken - das mag ich auch sehr: Mastercard rein in die Zapfsäule, volltanken, Quittung entnehmen und weiter fahren. Gen Westen rollen wir und das Wetter spielt wieder mit. Super!

Am Highway #7 liegt links plötzlich das McEwen Depot. Wir sehen nur Eisenbahnwagons und sind schon abgebogen. „Sorry, we’re closed“ - aber eine Kette haben sie nicht vorgehängt. Also ist alles frei zugänglich, klasse. Wir stromern nach Herzenslust auf den Gleisen umher und machen ein Foto nach dem anderen. Sehr schöne Ausbeute. Wann bekommt man das schon mal geboten?

Wenige Meilen weiter rechts abbiegen. Die Sumpter „Gold Dredge“ ist zu besichtigen. Auch hier wieder: außer uns - kein Mensch. Das ist übrigens schon die ganzen Tage so. Hier bist du noch viel, viel einsamer unterwegs als im Südwesten. Wir treffen quasi überhaupt niemanden und auch die Autos auf dem Highway sind an einer Hand abzuzählen. Wenn ich mal schreibe, dass wir Fotos von jemandem machen oder mit jemandem reden dann sind das wirklich die absoluten Ausnahmebegegnungen.

Die Gold Dredge ist ein alter Bagger, der hier zwischen 1935 und 1957 4,5 Mio. $ Gold gefördert hat. Hat so was von Gartzweiler für Gold, aber deutlich kleiner. Im Vergleich zu der „Handwäsche“ ist das aber schon ziemlich industriell gewesen. Ein Riesenteil übrigens, das von uns äußerlich und innerlich genauestens inspiziert wird. Und auch den angrenzenden Trail laufen wir ab, kreuz und quer durch den ehemaligen Abraum. Ob hier nicht doch noch ein paar Körnchen Gold liegen?

Vor ein paar Tagen (am 20.09.) haben sie hier einen Bären gesichtet. Den sehen wir nicht, dafür springt plötzlich ein Mule Deer auf den Weg, gefolgt von einem zweiten. Sagenhaft!

Weiter geht es nach Prairie City. Wir steigen aus und wieder ein. Hierzu gibt es nichts zu berichten, ein Nest! Um 12:30 Uhr sind wir in John Day an der Unterkunft und können auch gleich einchecken. Die Dame am Empfang ist nett und vermutlich Inderin. Mein Englisch scheint besser als ihres und Gabi meint, sie sehe aus wie eine Tochter (oder Schwester?) von Mutter Theresa (deren Foto groß in der Lobby hängt).

Wir ruhen eine Stunde aus, denn in den Painted Hills wollen wir das Abendlicht genießen. Die Fahrt (mit Unterbrechungen 2 Stunden) zu diesem Teil des John Day Fossi Beds National Monument übernimmt Gabi. Unterwegs gibts wieder tolle Aussichtspunkte, Cowboys am Wegesrand, die eine Kuhherde treiben und einen Airstream-Wohnwagen, der länger vor uns her fährt.

Dann haben wir die roten Steine erreicht, treffen einen Ranger, der uns mit Kartenmaterial aushilft und auch einige Ausgrabungsstücke zeigt - Dinosaurierknochen. Er beglückwünscht uns zum Wetter und zur gewählten Uhrzeit; wir genießen die Einsamkeit und Stille hier und klappern drei kürzere Trails ab: den „Red Hill Trail“, den „Painted Cove Trail“ und den „Painted Hills Overlook Trail“ - letzteren im besten Abendlicht. Schaut euch die kleine Auswahl (!!) an Fotos an - toll, oder?

Als wir endlich wieder raus fahren steht eine ganze Herde Mule Deer in der Wiese. Die Rückfahrt klappt super. Hinter uns färbt die untergehende Sonne alles in Gelb- und Orangetöne, vor uns erscheinen die Wolken mit lila-rosa-Schimmer. Unglaublich! Gott sei Dank springt uns in der Dämmerung kein Deer vor den Kühler. Leider liegt immer wieder Fallwild am Straßenrand und das war unsere größte Sorge.

In John Day suchen wir die „Outpost“ auf - ein weiteres typisches Diner, aber mit Bar. Daher gibt es zwei bislang unbekannte, leckere Gezapfte für mich und Rotwein für Gabi. Dazu eine Riesenpizza und einen Salat mit Teryakihuhn und gebratenen Reisnudeln. Puh! Der Tag endete, wie er begann: mit Kalorienbomben. Er war aber auch wirklich perfekt.

Jetzt ist es nach 11 Uhr und Gabi schläft schon länger. Ich bin fertig (und fix), baue jetzt das Tagebuch noch ein und lade alles hoch. Gute Nacht. Morgen kommt u.a. der zweite Teil des John Day Fossils Bed NM zu seinem Recht.

Der Highway heute und morgen ist übrigens ein „Oregon Scenic Byway“, eine besonders schöne Straße mit viel Aussicht und sie trägt den Beinamen „Journey through time Scenic Byway“. Eine Reise durch die Zeit war das heute wirklich mit der Eisenbahn, dem Goldbagger und den Fossilien.

Tagesetappe: 405 Kilometer gefahren, 9,5 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Dreamers Lodge, John Day, OR

Huffin' and Puffin'


Gabi auf dem Valley Loop Trail, Mount Howard, Eagle Cap Wilderness, OR

Komischer Titel? Finde ich gar nicht - hätte aber heute morgen auch noch nicht gewusst, was das bedeutet …

Wir lassen es zunächst ruhig angehen heute morgen, denn es ist Sonntag. Der Name passt, denn die Sonne scheint ihren Job zu machen - zumindest hier unten im Tal. Regenaussichten für heute: 0,0 %, das passt uns gut. Nach einem stärkenden Frühstück ziehen wir uns etwas wärmer an, denn heute soll es in die Höhe gehen.

Aufbruch - und erster Stopp: Joseph! Ihr erinnert euch? Der „Chief“, nach dem der kleine Ort hier benannt ist. Bei Sonnenschein und blauem Himmel kommt die Mainstreet doch gleich viel netter daher als gestern Nachmittag. Beeindruckend sind vor allem die vielen künstlerischen Statuen, die hier auf jeder Straßenecke stehen. Chief Joseph ist häufiger dargestellt. Ein Blick in eine der trostlosen Seitenstraßen: da laufen doch glatt Rehe (Mule-Deer) über die Fahrbahn …

Auf der Fahrt zum Wallowa State Park halten wir kurz am gleichnamigen See, die Landschaft ist zu verlockend. Hier oben ist auch ein Indianerfriedhof, auf dem u.a. Chief „Old Joseph“ beigesetzt ist, der Anführer, von dem „unser“ Chief Joseph die Ämter übernahm. Besinnliche Grabstätte mit einigen Federn von Besuchern - der außer uns einzig anwesende andere Besucher echauffiert sich, dass am Fahnenmast noch nicht mal die Stars & Stripes wehen - ich pflichte ihm bei; im Ort hingen ja genug Flaggen herum.

Obwohl die Bergspitzen noch sehr im Nebel hängen, fahren wir mit der Tramway hinauf auf gut 8.200 Fuß, das sind 2.500 Meter über NN. Hui, ist das frisch hier: 30 Grad Fahrenheit bedeuten minus 1 Grad Celsius! Dazu immer noch Nebel.

Wir beschließen, ein „11-Ührken“ zu trinken und geben der Sonne damit eine weitere Chance. Bier aus der bekannten Brauerei von gestern für mich und ein Rotwein für Gabi - da kommt eine ältere Dame zu uns an den Tisch, möchte uns unbedingt fotografieren und ihre Lebensgeschichte erzählen. Glück mit dem Foto (ist gut geworden), eher Pech im Leben (Sportverletzung - Titanfußgelenk). Auf dem Mount Howard sind wir hier - erinnert ihr euch? Gestern den Bericht gelesen? Ich finde das schon bezeichnend, dass man den riesigen Berg nach dem Gerneral und den kleinen Ort zu seinen Füßen nach dem „Chief“ benennt, der sich ihm ergeben musste. Das dürfte m.E. auch anders herum sein.

Nun hilft nur noch Bewegung: also raus und rauf auf den Valley Loop Trail, der so viele spektakuläre Aussichtspunkte bietet - die aber allesamt nebelverhangen sind. Nur hin und wieder zieht es für wenige Sekunden etwas auf - aber nur etwas. Damit das alles nicht zu langweilig wird, beschließen wir uns zu verlaufen. Also dramatisch war das nicht - anstrengend schon. Sehr sogar. Wir wuchten unsere Astralkörper nämlich völlig unnötige 200 Höhenmeter steil nach unten, um sie später den gleichen Weg wieder hinauf zu hieven. Der „Valley Loop“ wäre aber auch zu kurz für uns gewesen.

So bringen wir es auf 5 km in 1:45 Std. Klingt langsam, ist es auch. Die Luft hier oben ist einfach zu dünn und obwohl wir es ja wissen, beruhigt es uns sehr, als uns später eine Infotafel darüber aufklärt, dass unsere Lungen hier Hochleistungen vollbringen. Tun unsere Herzen auch, die pochen bis in den Hals. Uff - huffin’ and puffin’ eben - schnaufen und prusten!

Nach einem netten Smaltalk mit einer ebenfalls ausgepumpten Wanderin fahren wir wieder hinunter. Der Kerl an der Bergstation möchte unsere Tickets einbehalten - ich hätte die aber gerne als Souvenier. Geht nicht, sagt er. An den Karten würden sie abends immer zählen, ob auch alle Gäste wieder unten sind. Wir steigen in die kleine Godel und sehen, wie er auf das Whiteboard unter „lost“ (verloren) eine „2“ einträgt und schon reicht er uns die Karten grinsend durchs Fenster. Lieb sind die hier.

Unten ist es merklich wärmer- so was gegen 15 Grad Celsius. Die Sonne tut gut und wir fahren zum nahen State Park, machen einige Bilder von den farbenfrohen Bäumen und den Lachsen, die gerade hier im Fluss laichen. Dann finden wir in der Nähe des oben erwähnten Friedhofs die unaussprechliche „Iwetemlaykin State Heritage Site“ mit einem wunderbaren Trail, der uns durch goldene Felder zu einem kleinen Tümpel führt, das bunte Herbslaub bietet einen tollen Kontrast zum blauen Himmel - traumhaft!

Hunger! Auf, zu unserer Brauerei von gestern, da gab es noch Dinge auf der Bier- und Speisenkarte, die probiert werden wollen. Heute sitzen wir im Biergarten. Bei den genannten Temperaturen geht das mit Jacke - solange die Sonne scheint. Herrlich! So leckeres Bier! Es ist hier überall üblich, das sie nicht nur die Geschmäcker genau beschreiben, sondern neben dem Alkoholgehalt (der von 4,x bis durchaus 10,x % variieren kann) auch die „IBU’s“ angeben, die „International Bitterness Units“. Daran kann man erkennen, wie gehaltvoll (und hopfig, bitter) das Bier schmeckt. Gestern hatte ich 19, heute 45 - es gibt auch über 80 …

Gabi nimmt Cider und Pasta „Cajun“ (schön scharf) mit geräuchertem Lachsfilet. Ich muss die Nachos mit Käse, Jalapenos, Bohnen und Salsa probieren und bekomme eine Riesenportion, die ich nur zur Hälfte schaffe - die andere steht jetzt hinter mir auf dem Kühlschrank in einer Box.

Bevor das Essen kommt fragt Gabi, ob „Cider“ eigentlich „Äppelwoi“ sei. Da habe sie nicht ganz unrecht, meine ich und schon spuken Frau Widdin, Herr Schenk und das gemeinsame Faktotum „Herr Nonsens“ bei uns am Tisch rum. Gut, dass da das Essen kommt, weg mit euch „Plagen unserer Kindheit …“

Gegen 17:00 Uhr sind wir wieder am Motel. Wir beschließen eine verspätete Mittagspause und machen „große Wäsche“. 1,50 $ für die Waschmaschine, der gleiche Betrag für den Trockner und 1,00 $ fürs Waschmittel. Praktisch - jetzt ist alles wieder sauber. Gabi ruht eine Runde, ich ziehe mir 2 Folgen „Grey’s Anatomy“ rein. Dann machen wir uns über die Fotos und das Tagebuch her und jetzt ist es 21:30 Uhr und alles fertig.

Morgen geht unser kleines Abenteuer weiter - wir freuen uns!

Tagesetappe: 55 Kilometer gefahren, 12,6 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Eagle's View Inn & Suites, Enterprise, OR

Relaxed im Methow Valley


Gabi am Beaver Pond Trail, Sun Mountains, WA

Das hat super geklappt mit dem Upload der Website in der Lobby, die gleichzeitig Frühstücksraum ist. Rasend schnelles Internet - Joe will unseren WIFI-Router gleich mal rebooten, damit es auch oben wieder gut ist.

Das Frühstück verdient das Prädikat „außergewöhnlich“! Jede Menge liebevoll angerichtete und „homemade“ produzierte Köstlichkeiten - mit Serviervorschlägen. Gabi bastelt sich nach Anleitung einen Joghurt mit Cereals und frischen Früchten - selbst die Mango wird hier frisch aufgeschnitten. Ich habe einige Bilder gemacht, die später hochgeladen werden. Mir haben es die Quiches (meat & vegetarisch) ebenso angetan wie das frische Obst oder Bagels mit hausgemachtem Lachs-Pfeffer-Frischkäse - s-a-g-e-n-h-a-f-t!!

Nun schauen wir mal, was der Tag so bringt und was wir unternehmen werden. Auf dem Programm steht auf jeden Fall eine kurze Rückfahrt nach Winthrop, einem kleinen Westernstädtchen, das wir gestern Abend nur durchfahren haben.

Und so steuern wir das kleine Örtchen Winthrop auch gleich als erstes an. Ein gemütlicher Bummel über die Haupstraße ist jetzt genau richtig. Es gibt einige nette Läden und während ich fasziniert so was wie ein „Bat-Mobil“ fotografiere (ist in Wirklichkeit ein heftig aufgemotztes Trike mit 175 PS) gerät Gabi in den „Cascades Outdoor Store“. Ich folge ihr und mache Sie auf ein paar schöne Wanderschuhe aufmerksam. Es ist „September-Sale“ und auf Schuhe gibt es 20%. Gabi schlüpft rein und meint, dass die wie angegossen passen und quasi alleine laufen. Zum Beweis hüpft sie zur Freude der Verkäuferin etwas durch den Laden. Gekauft!

Nächstes Ziel ist die North Cascades Smokejumper Base, die erste ihrer Art in den USA und gegründet im Jahre 1939. es sind nur 8 Meilen bis dort und wir hatten uns das schon zu Hause als Option notiert. Es ist ein größeres Areal - ein Flugplatz halt mit einigen Hangars. Wir steuern eine Hütte an, werden freundlich begrüßt und noch bevor ich richtig fragen kann, was es denn hier genau zu sehen gibt bzw. was wir sehen dürfen schallt über das ganze Gelände ein „Tour-Guide to the office please, Tour-Guide to the office!“

Zack - geht die Türt auf und Brian, ein junger Strahlemann schüttelt unsere Hände. Er sei unser Tour Guide und werde uns die Base zeigen. Er schlendet mit uns in eine nahegelegene rote Halle und zeigt und erklärt uns alles - obendrauf gibt es noch einen kleinen Film, damit wir auch mal sehen können, wie die Smoke Jumpers in Action sind.

Ich kläre es mal auf: das sind Firefighter, also Feuerwehrmänner, die mit dem Fallschirm über vorwiegend Waldbrandgebieten abgeworfen werden und dann dort im unwegsamen Gelände die Löscharbeiten durchführen. Meist muss das ohne Wasser gehen, dafür haben Sie Äxte und Motorsägen dabei, um die Brandherde einzudämmen. Sehr, sehr harte Arbeit. Und die schleppen Taschen und Gewichte mit sich rum - außerirdisch! Im Film sieht man, wie die mit den Fallschirmen in die hohen Bäume knallen, oft hängen bleiben, sich losschneiden müssen und dann ihren Knochenjob machen. nach dem Einsatz packen sie alles zusammen und kämpfen sich zur nächsten Straße durch. Das kann auch schon mal dauern. Kaputte Fallschirme werden dann an der alten Pfaff-Nähmaschine, die hier steht, wieder Instand gesetzt. Wirkungsradius: der gesamte Nordwesten, aber auch schon mal Oregon und Kalifornien. Ihr Vorteil: sie sind bei Entsehungsbränden sehr schnell vor Ort und können Schlimmeres verhindern.

Auf langen Tischen werden die Fallschirme wieder gefaltet und anschließend in Fächer verstaut. 29 Feuer haben sie dieses Jahr bereits bekämpft. Meine Frage nach einer Tipp-Box wird vehemend abgelehnt - es sei Ehrensache, Besuchern zu zeigen, was sie so machen. Beeindruckende Stunde mit Privatführung für uns beide, kann man nicht anders sagen.

Nächstes Ziel ist die Sun Mountain Lodge, ein hoch in den Bergen gelegenes Hotel, das man mal gesehen haben muss, nicht nur wegen der schönen Aussicht von dort. Hinter den letzten Zimmern liegen Deer und auch ein zutraulicher Vogel lässt sich von Gabi gern fotografieren.

Nun noch etwas Bewegung, damit die müden Knochen nicht einrosten. In der Nähe ist der Chickadee Trailhead, Startpunkt vieler Wanderwege. Wir starten auf dem Rodeo Trail und biegen nach einigen Kilometern auf den Beaver Pond Trail ab, der uns zurück zum Ausgangspunkt bringt. Wir treffen keine Menschenseele, es ist total still hier, nur die Stimmen des Waldes sind bei uns. Da flattern kleine Vögelchen, Mäuschen und Chipmunks huschen umher. Dazu säuselt der Wind in den Birken. Nach Bären halten wir Ausschau, sehen aber keine. Farbenfroh ist alles und am Ende öffnet sich der Blick dann auch einmal ganz auf den bisher von Bäumen und Schilf verdeckten Tümpel der Biber. Traumhafte Ausblicke!

Zurück nach Twisp und dort zu „Hank’s“, einem Supermarkt, wo es laut Joe die besten Steaks in ganz Washington State gibt. Die sehen wirklich gut aus und so ein richtig schönes 280-Gramm-Steak kostet keine 5 Euro. Wir ergänzen dieses um eine komplette vorgegarte Baby-Back-Rib, Salat und ein Baguette. Ab zum Hotel: BBQ!

Der Grill ist ungefähr doppelt so groß wie unserer zu Hause, funktioniert aber so ähnlich. Wir sitzen auf der Terrasse und während die Ribs Temperatur nehmen verputzen wir den Salat. Dann die Spare-Ribs und zur Krönung teilen wir uns das Steak. Meine Dose Bier fasste mal 710 ml „Coors“ - empty! Während des Essens hat es sich zugezogenund der erste Donner grollte über uns. Als der letzte Bissen verspeist und wir gerade wieder in der Suite sind fallen dicke Tropfen Regen. Das ist aber nur von kurzer Dauer. Dennoch: perfektes Timing, inzwischen ist es 18:00 Uhr. Gabi rollt sich auf die Hollywoodschaukel draußen, ich krieche ins Bett und schaue nach längerer Zeit mal wieder eine Folge „Grey’s Anatomy“ aus Staffel 13 auf dem iPhone. Danach mache ich noch etwas die Augen zu.

Nun ist es 21:15 Uhr, die Fotos sind ausgesucht, bearbeitet und in die Homepage montiert, das Tagebuch ist auch fertig. Ich habe gerade den Gasofen angemacht. Nun gönne ich mir noch ein Glas Wein vor dem Fernseher oder auf dem Balkon - wir genießen unsere Edelunterkunft in vollen Zügen.

Morgen fahren wir nach Bayern. Glaubt ihr nicht? Wartet ab!!

PS: ich will zu Hause so einen Kühlschrank wie hier, im Eisfach machen sich die Eiswürfel von alleine, Zauberei …

Tagesetappe: 76 Kilometer gefahren, 9,4 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Twisp River Suites, Twisp, WA

Hiking North Cascades NP


Jürgen auf dem Thunder Knob Trail, North Cascades NP, WA

Das ist mit Abstand eine der komfortabelsten Arten, Tagebuch zu schreiben. Im Hoody an der Theke in der Küche - mit dem ersten Kaffee des Tages in der Hand (weiterhin schreibe ich am Morgen des Folgetages, also nun am 19.09.) - total chillig. Wie es dazu kam lest ihr hier:

Zunächst wird Tagebuch geschrieben und gefrühstückt - das ist hier durchschnittlich. Überschaubares Angebot und Plastikgeschirr - nicht zu vergleichen mit Seattle (allerdings auch preislich eine ganz andere Liga).

Gegen 09:30 Uhr brechen wir auf, fahren das kurze Stück die Interstate 5 zurück nach Süden und biegen dann wieder auf den Hwy. #20 Richtung Osten ab. Wenige Meilen weiter darf sich die Straße „North Cascades Highway“ oder „The Cascade Loop Scenic Highway“ nennen - zu Recht!!

In Sedro-Woolley stoppen wir kurz, nicht nur um einmal die Mainstreet rauf und runter zu gehen (viel mehr gibt es hier auch nicht). Interessant für uns ist die Tourist Information, die jede Menge Infomaterial zu den nächsten Tagen bereit hält - das stand auf dem Plan. Die junge Frau berät uns auch sehr umfassend. Wichtigste Botschaften für heute: Gratulation zu diesem Bilderbuchwetter (es hat die vergangenen 4 Wochen geregnet!). Zusätzlich: den Umweg zum Baker Lake (das wäre eine Option gewesen, die wir nicht einzuschätzen wissen) können wir uns schenken - so toll ist der nicht, verglichen mit all den anderen Dingen, die uns heute erwarten.

Die Straße schlängelt sich hervorragend ausgebaut durch dichten Wald und dann wieder lichte Hügellandschaften. Das Laub beginnt sich zu verfärben, immer wieder tauchen am Horizont hohe Berge auf. Die meisste Zeit geht es zudem am Skagit River entlang, was die Stimmung noch verbessert. Traumhafte Straße - und das ändert sich nicht die nächsten 100 Meilen bis heute Abend! Im Ernst: das war eine der Top-Traumstraßen, die wir bislang im Westen gefahren sind.

Unser Mazda CX-5 schnurrt auch mühelos. Die Ausstatttung kommt unserer zu Hause schon sehr nahe. Klasse ist auch hier (ganz besonders) die automatische Abstandskontrolle zum Vordermann (wenn es mal einen gibt). Tempomat auf 60 Meilen/h einstellen und rollen lassen, bremsen und beschleunigen übernimmt die Automatik. Herrlich! Dazu singt Joan Baez aus ihrem neuesten Album über die Bose-Anlage. „Whistle down the wind“ hatte ich im Flieger gehört und dann gestern aufs iPhone geladen - Apple Music sei Dank!

Immer wieder müssen wir am Wegesrand anhalen, zu schön sind die Panoramen. Schneebedeckte Berge tun sich über dem Skagit River auf, eine Mini-Wildlife-Chapel duckt sich in den Schatten, während über dem Fluß die sonnendurchtränkten Äste leuchten.

Wir erreichen das North Cascades Visitor Center. Im Eingang begrüßen uns ein Grizzly und ein Schwarzbär - ausgestopft, leider! Wir erkundigen uns nach den Möglichkeiten und der freundliche Ranger stellt unser Tagesprogramm zusammen, Kartenmaterial inklusive. Gabi sichtet wie immer den Shop und findet Sticker für unseren Koffer etc. beim Bezahlen entwickelt sich ein langes Gespräch mit der freundlichen Verkäuferin, die auch eine Nikon D 750 hat. Sie zeigt uns Bilder auf ihrem iPhone - sie liebt die Makrofotografie. Ich zeige ihr den blonden Schwarzbären aus dem Yosemite Valey 2016 und sie schreit auf, packt sich mein iPhone und rennt zu ihren Kolleginnen und Kollegen und muss das Foto auch noch einigen anderen Gästen zeigen. Zum Abschluss erkundigt sie sich, ob wir nicht eine Website hätten? Grins - ein Fan mehr …

Direkt am Visitor Center beginnt der „River Loop Trail“. 3 Kilometer durch dichten Urwald, aber über sehr schönen Waldboden liegen vor uns. Moose, Flechten und Farne überall. Da, wo der Wald dicht zugewachsen ist, wird es augenblicklich sehr kühl - angenehm. Hin und wieder stechen aber auch die Sonnenstrahlen durch - bezauberndes Licht. Am Fluss rettet Gabi eine kleine Raupe mit einem Stöckchen. Sie war wohl hineingefallen und lässt sich zum Dank kurz portraitieren.

Die Zeit vergeht wie im Fluge, unsere Bewegungsziele sind für heute schon fast erreicht.

Auf der Weiterfahrt gibt es immer wieder schöne Ausblicke, z.B. auf einen Staudamm oder türkisblaues Wasser. Wir halten hier und da an und erreichen dann eine weitere Empfehlung des Rangers: den „Thunder Knob Trail“ am Diabolo Lake. Der hat schon eine andere Kragenweite als die Runde am Fluß heute Vormittag. 3 km hin und weitere 3 km zurück soll der Trail lang sein. Nun ja, er ist etwas länger - aber jeder Meter ist fantastisch.

Der Weg zieht sich in ewigen Sepentinen den Berg hinauf. Wald, Farn, Flechten, Moos schön wie auf dem vorigen Trail. Teilweise geht es aber auch ganz schön über Stock und Stein. „A breathtaking view“ am Aussichtspunkt ist uns versprochen. Atem(be)raubend ist aber erst mal die Strecke. Unser Abendessen ist schon auf dem Hinweg verdient - ausschließlich bergauf. Ist die Aussicht auf den Diabolo Lake „breathtaking“? Entscheidet selbst - uns hat es sehr gefallen. Auf dem Rückweg sehen wir noch einige „Deer“ auf der Lichtung äsen - friedliche Stille des Nationalparks.

Unten angekommen sind wir richtig ausgepowert - wir sind ja auch mal wieder zügig unterwegs - das war eine echte Bergwanderung, klasse!

Nächste Stopps: der „Diabolo Lake Overlook“ und der „Washington Pass Overlook“. Letzterer liegt wirklich ganz oben auf der Passhöhe und es kommt schon das Abendlicht durch. Ich mache ein Fotos, da spricht mich eine Gruppe von 4 Senioren-Ehepaaren an: „Das ist aber mal eine Kamera! Wo kommst du her? Was machst du beruflich? Deutschland? Da haben wir Vorfahren (kennt man ja)! Drei von ihnen sind Geschwister, ihre Mutter kommt aus Deutschland. Die hatte 20 Kinder, von denen aber nur 13 erwachsen wurden. Mehr als die Hälfte ist in die Staaten ausgewandert und die 8 haben vor einigen Jahren nach dem Tod der Mutter nochmal einen Trip noch Europa gemacht. Sie erzählen ihre Geschichte, wir müssen erläutern, welche Ziele wir auf unserer Runde noch vor uns haben. Am Ende möchte Brian noch ein Foto mit mir haben - das war ein Bild, wie die alle mit ihren Handys gefuchtelt haben. Gabi konnte die Szene nicht einfangen - das ging einfach zu schnell. Aber ein Bild von Brian und mir hat sie doch geschossen.

Um 18:00 Uhr erreichen wir Twisp, ein kleines Nest im Methow Valley (sprich: Metthau). Wir checken ein im „Twisp River Suites Hotel“. Die nette (und wie sich dann herausstellt, leicht durchtriebene) Besitzerin zeigt uns den Frühstücksraum, die 700-DVD-Sammlung, an der wir uns bedienen könnten, die Terrasse mit Hollywoodschaukel, großem Gasgrill (zur Mitbenutzung) und die Hängematten etc. direkt am Fluß, der hier unmittelbar vorbei fließt.

Dann die Zimmer, es gibt zwei Optionen: Sie führt uns in ein Gemach (naja, der Sprachgebrauch sagt „Suite“ - aber „Gemach“ trifft es besser). Langer Flur, perfekte Küche, voll eingerichtet, riesiger Kühlschrank, Theke und Barhocker. Daran anschließend: Wohnzimmer mit TV und Ledersesseln, dahinter ein Balkon mit eigener Hollywoodschaukel (die Gabi ja so mag) und Blick auf den Fluss. Alles schön mit Moskitonetzen geschützt. Dazu ein riesiges Schlafzimmer und ein schönes Bad. Super! Aber: das haben wir doch nicht gebucht? Nein!! Ich zeige euch, was ihr gebucht habt: „das hier!“

„Das hier“ ist nett, aber verglichen mit der Suite eher die Besenkammer von Harry Potter unter der Treppe. Auf meine Frage nach dem Aufpreis für die Suite hat die Dame, der jetzt kleine Teufelshörnchen gewachsen sind, nur gewartet: „50 $ die Nacht“.

Wir bleiben zwei und so sitze ich jetzt an dieser wunderbaren Theke. Gestern Abend haben wir uns in der Pizzeria gegenüber eine „Meat Lovers Pizza“ geholt und sie mit unserem Weißwein hier an der Theke verputzt. Dazu gab es noch Nachos mit Salsa. Über die Pizzeria und die dort schmausenden Eingeborenen (ich sage nur „happy birthday granny“) sowie die beiden Cops mit Hüftgürteln, so schwer beladen, das Arnie Schwarzenegger in die Knie gegangen wäre, könnte ich nun eine weitere Seite schreiben - schenke ich mir. Den Leitspruch von „Hometown Pizza“ finde ich aber gut: „We don’t serve fast food. We serve good food as fast as we can!“

Die vielen kleinen Dinge, die diese Suite auszeichnen, kann ich gar nicht alle aufzählen. Stimmungsvolle Lampen überall, kleine Taschenlampen und sogar Lesebrillen in verschiedenen Stärken. WIFI ist vorhanden, reicht aber bislang nicht aus, um die Website hochzuladen. Vielleicht klappt das später in der Lobby …

Der Abschlusswein in der Hollywoodschaukel unter dem Sternenzelt mit dem rauschenden Fluss zu unseren Füßen war dann das i-Tüpfelchen auf den perfekten Tag. Und soll ich was sagen: heute genießen wir unsere Suite, werden wahrscheinlich grillen und sicher noch den ein oder anderen Ausflug machen. Gabi und Tiny sitzen mit Kaffee draußen in der Hollywoodschaukel - ich geh mal duschen. Bis denne!

Tagesetappe: 269 Kilometer gefahren, 16,1 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Twisp River Suites, Twisp, WA

"Go north!"


Gabi in der Front Street, Coupeville, Whidbey Island, WA

Nach dem 27. Aufwachen mache ich die Website fertig, was insbesondere das Tagebuch betrifft. Die Fotos kriege ich noch in Etwa gemanaged abends, für geistige Tätigkeiten reicht die Kraft noch nicht.

Mein Früstück habe ich mal fotografiert, weil ich das so lecker fand. Anschließend gibt es mit Obst, Müsli und Joghurt zumindest noch was Gesundes oben drauf. Gabi studiert immer die örtlichen Prospekte, Stadtmagazine etc. So wundert es mich kein bischen über ihre Frage beim Frühstück: „Liegt Freemont eigentlich auf unserem Weg heute - da wohnt ein Troll unter einer Brücke?“ Es spricht für mich, dass ich nur mein iPhone zücke, kauend nicke und nicht weiter nachfrage - die Sache ist geritzt: wir besuchen den Troll.

Vorher muss aber noch einer der Aussichtspunkte mit einem bekannten Blick auf Seattle angefahren werden: Kerry Park. Es sind nur einige Meilen vom Hotel hoch auf den Hügel. Es war uns gestern schon aufgefallen im Shutlebus, heute kann ich bestätigen: an manchen Stellen kann Seattle bezüglich der Straßensteigungen tatsächlich mit San Francisco mithalten. Junge, ist das steil!

Am Kerry Park treffen wir zwei deutsche Jungs, denen ich kurz den Hinweis gebe, dass es nicht die beste Idee ist, die Nikon dauerhaft im manuellen Modus zu betreiben - jedenfalls nicht, wenn man anfängt zu fotografieren. Ich mache ein paar Bilder für sie und einer der beiden lichtet auch Gabi und mich mal ab. Dieser Blick wird übrigens auch bei Grey’s Anatomy ständig gezeigt. Und das Wohnhaus der Greys (das Filmwohnhaus) liegt nur 5 Minuten Fußweg von hier. Das schenken wir uns aber, unspektakulär und in Privatbesitz. Ich würde mich auch bedanken, wenn ständig Touristen bei mir vor der Haustür stehen und Fotos machen, nur weil die Fassade mal im Fernsehn war. Die einzige Ausnahme habe ich 2012 bei der Garage von Steve Jobs gemacht: da konte ich nicht wiederstehen.

Nun aber zum Troll: Navi einstellen und ab geht’s. 10 Minuten später sehen wir ihn sitzen. Imposante Größe und irgendwie nett, wie er da unter der Freemont Bridge sitzt. Gabi und Tiny Little Bear, der uns natürlich wieder begleitet, wollen mit auf’s Bild.

Durch ein paar schmale Seitenstraßen, in diesem hübschen Wohnviertel, geht es auf die Schnellstraße und schon bald rollen wir hinab zum Hafen von Mukilteo zur Fähre. Der Mann am Kassenschalter fragt, ob ich die Person neben mir mitnehmen möchte (er fragt, um den Preis festzulegen). Als er mein dummes Gesicht sieht, lacht er schallend und meint, dass ich wohl nie darüber nachgedacht habe, dass es eine Option wäre, sie einfach hier zu lassen? Komischen Humor hat der Kerl - wir lachen über die Situationskomik aber alle drei herzlich. Also 16,50 $ für das Auto und uns beide. Er sagt noch „perfect timing, lane 11!“ dann fahren wir in Reihe 11 vor.

Und tatsächlich: nur 3 Minuten später setzen sich Reihe 1 und 2 in Bewegung: boarding! Unfassbar, wie schnell hier hunderte von Autos auf die Fähre fahren, große Trucks inklusive. Nach 10 Minuten legt die Fähre ab. Wir stehen in Poolposition sehr schräg an der Seite, können von hier aber schön Fotos machen. 20 Minuten Fahrt, dann sind wir auf Whidbey Island. Entladen geht noch schneller.

Die Gegend hier ist voll von Fjorden und Inselchen. Whidbey Island ist etwas größer, die Orientierung ist aber einfach. Nach Norden führt nur eine Straße und wir fahren gemütlich durch eine wunderschön hügelige Landschaft. Viel Wald, immer wieder Blicke aufs Wasser und kaum Orte. So schön!

In Coupeville an der Penne Cove suchen wir einen Parkplatz und schlendern über die Front Street, vorbei an netten Läden, auf einen alter historischen Pier. Den laufen wir bis zum Ende - hier gibt es weitere Geschäfte und Restrooms. Draußen am Pier hängt eine große Glocke, die man läuten soll, wenn mal einen Wal sieht - wir klingeln nicht. Dafür lachen wir über das Schild, dass vor den kreuzenden Ottern warnt.

45 Minuten Aufenthalt und Beine vertreten sind gut investiert für das kleine Örtchen. Dann heißt es wieder: „Go North!“ Ein Safeway Supermarkt am Wegesrand kann nicht ignoriert werden. Wir machen unseren ersten Einkauf. Wasser muss her, Nachos und Salsa, Obst für unterwegs, Zewa-Rolle, Wein - was man in den nächsten Tagen halt so benötigt. Und ein paar Sandwiches für gleich. Immer wieder schön, in diesen riesigen Supermärkte zu schauen, was man noch kaufen könnte. Besonders sehenswert ist dabei die riesige Auswahl an bereits vorkonfektionierten Mahlzeiten (viel, viel doller als bei uns) und die Qualität sowie die günstigen Preise für Fleisch und Seafood (wäre das bei uns so, würde der Grill gar nicht mehr ausgemacht). Steaks wie gemalt!!

Am nördlichen Ende von Whidbey Island befindet sich der Deception Pass State Park mit unzählichen Wandermöglichkeiten. Wir entrichten die Gebür von 10,00 $ und fahren zur West Beach, wo wir uns auf einen der riesigen Baumstämme am Strand setzen und unsere Sandwiches verspeisen. Dann wandern wir den „Sand Dune Interpretive Trail“ entlang - knapp 2 Kilometer Weg zunächst durch Regenurwald, dann am Wasser entlang durch die Dünen. Viele Vögel sind zu sehen.

Kurze Weiterfahrt zur Deception Pass Bridge. Auto abstellen und zunächst Bilder auf, anschließend unter der Brücke vom der beeindruckenden Stahlkonstruktion machen. Da ich die Bilder gestern Absnd schon hochgeladen hab weiß ich jetzt schon, dass Johanna das Bild unter der Brücke sehr mag - danke für die Mail (und all die anderen lieben Nachrichten aus der Heimat - schön, dass euch die Berichte und Bilder wieder gefallen)! Es lohnt sich ja doch, etwas Mühe in die Bildbearbeitung zu setzen - das war schon ziemlich duster da; sieht man auf dem Foto jetzt nicht mehr. Und Johanna: du hast die Bilder von gestern bereits gesehen - Gabi nicht!

Auch hier warten diverse Trails; wir entscheiden uns für den „Goose Rock Perimeter Trail“. Sehr gut, nach der Hälfte aber extrem unwegsam. Wir machen eine weitere Kurzausbildung zur Bergziege und klettern den steilen, schmalen Pfad hinauf - Tiefblicke aufs Wasser inbegriffen. Oben geht es irgendwo nicht mehr weiter und wir finden glücklicherweise einen alternativen Weg zurück, ohne den ausgesetzten Hang wieder runter zu müssen - das wäre nicht spaßig gewesen. Das Licht schwindet langsam und der Wald ist wirklich wild gewachsen. Wenn jetzt jemand den Soundtrack von „Jurassic Park“ abspielt, fang ich an zu rennen.

Tolle Wanderung - jetzt sind wir aber richtig platt. Weniger körperlich aufgrund der Wanderung, aber der Jetlag sitzt immer noch in den Knochen - wir werden älter.

Über Hwy #20 und die Interstate 5 erreichen wir Bellingham um 17:30 Uhr im schönsten Abendlicht. Das Bett ruft heftig. Einfach schnell ne Pizza holen, ein Glas Wein dazu und dann schlafen gehen? Zu früh!!!

Es wäre auch zu schade, der Stadt überhaupt keine Chance zu geben. Also rein ins Auto, wir fahren zur Waterfront. Hier muss man Seafood essen, meinen wir. Schnell ist das „Loft Seafood Restaurant“ gefunden und ich muss sagen: das Essen war sensationell. Man muss sich auch mal was gönnen - Gabi nimmt Seafood mit Mac’n Cheese, ein sehr würziges Nudelgericht. Ich bin mit „Seafod Chimichanga“ zumindest sprachlicher noch exotischer. Es handelt sich um ein mexikanisch inspiriertes Gericht. Seafood in einer Käsesoße eingerollt in einen krisp gebackenen Maistaco. So eine Mischung aus Burrito und Calzone, wenn ihr wisst, was ich meine. Dazu leckere Soßen und ein großer Salat. Köstlich!! Der Blick auf den Jachthafen und den Sonnenuntergang tun ein Übriges.

Als wir fertig sind, ist die Sonne untergegangen und ich schieße noch ein paar Fotos für die Seele. Nun aber zurück ins Motel. Gabi tut so, als sei sie noch wach - schlechte Schauspielerin. Ich suche noch die Fotos aus und lade sie hoch. Um 21:20 Uhr ist es aber auch für mich vorbei. Sendeschluss. Die Nächte werden nun immer besser und das Tagebuch von gestern ist jetzt auch fertig. Ein neuer Tag kann kommen!

Und mir fehlte bis jetzt der Titel für diesen Tag, ich nehme einfach „Go north!“, denn das war das Motto gestern und Bellingham ist der nördlichste Punkt der USA, den wir bislang erreicht haben.

PS: Ich ordne die Fotos systematisch und ortsbezogen zu. Daher finden sich immer wieder auch mal Bilder am „Vortag“, weshalb man dort auch hin und wieder vorbei schauen sollte. Die Bilder vom Kerry Park und Troll sind z.B. noch unter „01 Seattle“ zu finden, das Album von gestern beginnt an der Fähre nach Whidbey Island …

Tagesetappe: 195 Kilometer gefahren, 16,3 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Coachman Inn, Belingham, WA
© 2018 Gabi & Jürgen