Tagebuch




Rain! Forest!


Jürgen auf dem Kestner Loop Trail, Quinault, Olympic NP, WA

Frühstück überspringe ich, wir starten um kurz nach 09:00 Uhr. Es regnet und uns ist klar: das wird heute Programm! Haben wir mit gerechnet, haben wir bekommen.

Blöd ist, dass diese dusselige „Motorwarnleuchte“, auf englisch „check engine light“ leuchtet und wir nicht wissen, ob uns unser schönes Auto - oder besser gesagt, dessen Motor - irgendwann um die Ohren fliegt. Tut er nicht! Wir fahren gen Norden, immer auf dem Hwy. #101 die Küste entlang und nähern uns Meile um Meile wirklich menschenleerer Gegend. Die #101 ist übrigens die Fortsetzung des bekannten Hwy. #1 in Californien. Und morgen werden wir den bis auf das Teilstück Ekureka, CA bis Astoria, OR komplett von San Diego an der mexikanischen Grenze bis fast nach Kanada gefahren sein - über mehrere Jahre verteilt.

Wir hören wie immer schöne Musik, tanken zwischendurch, mampfen ein paar Chips und Träubchen und genießen die an uns vorbei gleitende Landschaft. Gabi vergisst sorgar die blöde Lampe zwischenduch, ich habe sie immer im Auge, genau wie die Kühlflüssigkeitstemperatur etc. Wir haben beschlossen, die Lampe schlicht zu ignorieren. Wenn wir eine Werkstatt finden - ok: dann lassen wir das mal checken auf Kosten von Alamo. Wenn nicht - auch gut, solange unser CX-5 rollt und das tut er. Zuverlässug schnurrt er die Meilen hinunter, satte 120 sind es, als die Lampe plötzlich gehen 13:30 Uhr ausgeht. Bzw. nach dem Starten des Motors an der Lake Quinault Lodge nicht mehr angeht. Das wars, that’s it! Seitdem ist Ruhe - sehr, sehr gut so. Hat doch etwas Nerven gekostet, die Sache, aber jetzt ist alles gut.

Also: wir erreichen den Olympic National Park, das ist reiner Regenwald und der macht seinem Namen heute alle Ehre. Dabei hört es bei unserem ersten Nature Trail sogar mal auf zu regnen - wir kommen halbwegs trocken durch, von den dicken Tropfen mal abgesehen, die von den Blättern hoch oben runtertropfen. Aber das hängt eben ganz eng zusammen, der viele Regen und der unglaubliche Wald hier. Alles ist so satt grün und gelb und orange. Leute mit „Grün-Allergie“ sollten unsere Fotos von heute besser meiden!

Farne, Moose, Flechten, Gestrüpp, riesige Bäume, mit 60-70 Metern Höhe meist höher als unsere Kirche zu Hause. Alles wächst und rankt sich über-, unter- und nebeneinander, verknotet sich miteineander und vermischt sich zu einem unglaublich schönen Urwald. Den zu durchschreiten - unbeschreiblich! Alles scheint zufällig hingeworfen und doch macht das alles Sinn, folgt es einem Naturgesetz - mehr Natur pur als hier geht nicht. Tiere gibt es von winzigklein bis ganz schön groß - sie zeigen sich uns aber nicht. Statt Zottelbären - Zottelbäume. Ruhig ist es aber, sehr ruhig, wenn da nicht das Tropfen der Tropfen wäre …

Wir können uns nicht sattsehen und gelangen schließlich an die Lake Quinault Lodge am gleichnamigen See. Hier mal ein paar Tage zu wohnen wäre auch schön. Nebenan ist die Rangerstation. Wir sprechen mit der Rangerin - heute, am 01.10. gilt unser im vergangenen September erworbener Jahrespass für alle Nationalparks der USA nicht mehr. Also entweder ein Wochenpass (für die nächsten 3 Tage) zu 25 $ oder wieder ein Jahrespass für 80 $? Keine lange Überlegung, das war zuvor im Auto keine 5 Sätze zwischen uns wert: wir sparen 25 $ und haben nun wieder bis 30.10.2019 „kostenlosen“ Zutritt zu allen NP in den USA. Jippi!

Wegen des anhaltenden Regens folgen wir dem Rat der Rangerin, den 31 Meilen langen „Loop Drive“ um den Lake Quinault abzufahren - das sei auch sehr sehenswert und zwischendurch gebe es Trails. Können wir sehr bestätigen. Die Fahrbahn ist meist „unpaved“ und später auch nur noch einspurig mit Haltebuchten, was aber kaum stört, weil eh kaum einer unterwegs ist, hier im Nirgendwo. Für mich heißt das aber: endlich mal wieder offroad fahren. Klasse, der CX-5 tut so, als sei nie was gewesen und lässt sich tüchtig vollsauen - die Straße und das Wetter bringen das so mit. Zwischendurch halten wir an, fotografieren einen Wasserfall und machen uns auf den Kestner Loop Trail. Dort erwischt es uns dann endgültig. Aus Regen wird „Katzen und Hunde“. Jetzt ist genug!

Etwas weiter nördlich nähern wir uns Ruby Beach, einem schönen Strand - und siehe da: der Himmel reißt auf und wird sogar blau. Damit hätte ich heute nie mehr gerechnet. Wir vertreten uns die Beine am Strand. Hier liegen unheimlich viele Logs, Baumstämme. Schließlich wurde und wird hier kräftig gerodet außerhalb des Nationalparks. Das Gesetz verlangt aber, dass spätestens nach 2 Jahren wieder aufgeforstet werden muss und dass das klappt, sehen wir.

Bis Forks hat es wieder kurz geregnet und dort angekommen fahren wir kurz bei der Visitor Information vorbei, geschlossen. Davor stehen zwei alte Autos, die an „Twilight“ erinnern. Ihr erinnert euch? Gabis geliebte, fünfteilige Vampir-Saga. Die spielt hier in Forks und darum wird natürlich hier etwas Rummel gemacht. Dabei sind die Drehorte gar nicht hier. Die Autorin hat sich hier aber inspirieren lassen und die Handlung nach Forks gelegt. Gedreht wurde in St. Helens (Oregon) und Kanada. Warum? Weil der Staat Washington zu viele Steuern und Abgaben haben wollte - dumm gelaufen, finde ich; ein typisches Beispiel von kurzsichtiger Politik.

Wir drehen hier noch eine Runde bis zur Highschool und gehen dann essen. Unaufälliger Laden, der „The Inn Place“. Aber vom Preis-Leistungsverhältnis das beste Lokal bislang. Sehr günstig, und erstklassig, das Steak und die „Super Nachos“. Dazu Bier vom Fass und Margarita.

Nun sind wieder alle Dinge erledigt, ich baue den Text jetzt noch gleich ein und lade ihn hoch, wenn Gabi wie immer Korrektur gelesen hat. Dann noch die Datensicherung und etwas fernsehen. Wir haben noch zwei weitere Tage im Olympic NP, morgen geht es die kurze Strecke nach Port Angeles.

Was habe ich heute gelernt? Dass nicht jedes Problem so zu Herzen und ernst genommen werden muss, denn es löst sich vieles von selbst!? Und dass sich das Wetter hier schneller ändert, als du „Regenwald“ sagen kannst. Ach, da schüttet es schon wieder …

Tagesetappe: 327 Kilometer gefahren, 11,2 Kilometer zu Fuß
Übernachtung:
Dew Drop Inn, Forks, WA
© 2018 Gabi & Jürgen