Tagebuch




Mount St. Helens National Volcanic Monument

Unglaubliche Kräfte …


Gabi im Mount St. Helens National Volcanic Monument, Elk Rock Viewpoint, WA

Einen richtig gemütlichen Frühstücksraum haben die hier im The Dalles Inn, mit Boothes, in denen man gemütlich sitzen kann. Wir lassen es heute ganz relaxed angehen. Das Frühstück ist ok, was aber bemerkenswert ist: auch hier wird umfassend Mehrweggeschirr und -besteck eingesetzt. Ein Trend, den wir schon in den vorherigen Motels z.T. zu unserer Freude vermerken konnten.

Überhaupt scheint hier in dem Land, in dem es nach der Meinung eines gewichtigen Staatsmannes keinen Klimawandel gibt, ein diesbezügliches Umdenken Einzug zu halten. In den großen Supermärkten wird sehr viel „Organic Food“ angeboten, dazu sehr, sehr viele Getreide, Nüsse, Gewürze, Müslis, Reissorten etc. zum Selbstabfüllen - also ohne Einwegverpackung. Und auch in der Obstabteilung, letzte Tage konnten wir unsere Pflaumen in Papiertüten packen. Gut, dass die freundliche Kassierein diese Papiertüte zusammen mit den übrigen Einkäufen wieder in eine Plastiktüte steckte - daran arbeiten wir noch. Aber auch an der Kasse hören wir immer häufiger (auch in den vergangenen Jahren schon): paper or plastic? Gut so, weiter so!

Planmäßig geht heute unsere Reise (grob) entlang des Oregon Trail zu Ende. Mit Portland werden wir den westlichsten Punkt erreichen, den die Siedler damals anvisiert haben. Deshalb noch mal kurz inne halten und „Respekt“ zollen für diese Hammerleistung. Wir kurven hier mit unserem CX-5 über jede Mountainrange, in Serpetinen hoch und runter als sei es nix. Das mit Ochsenkarren, den Gefahren von Unfällen, Stromschnellen, Seuchen, Indianerüberfällen, Streitigkeiten untereinander, Hunger und Durst etc. zu meistern - unglaublich. Das müssen schon Kräfte gewesen sein, die die Menschen damals zu solchen Taten bewegt und getrieben haben. Anziehungskräfte wahrscheinlich - die des „gelobten Landes“.

Auf unserer Reise in den letzten Tagen haben wir auch ganz viel Landwirtschaft gesehen. Wo immer Talgrund oder nur sanft hügelige Weite zu finden war, wird Ackerbau und Viehzucht betrieben. „Food on Hooves“ hieß das bei den Siedlern. Heute stehen die großen Rinderherden hauptsächlich für Steaks, Burger, Milch und co. Gar nicht so anders als damals wahrscheinlich. Und die ein oder andere gigantische Beregnungsanlage werdet ihr vielleicht auch auf einem Foto entdeckt haben?

Heute soll es durch die Columbia River Gorge nach Portland gehen. Schlappe 177 km, das klingt easy. Im Hotel erklärt uns die Dame am Empfang nach telefonischer Rücksprache mit ihrem Mann, dass der alte Highway US-#30 zum Rowena-Viewpoint hoch über The Dalles nach den verheerenden Waldbränden inzwischen wieder befahrbar sein müsste. Sicherhheitshalber halten wir aber noch Columbia Gorge Discovery Center und bekommen da perfekte Auskunft für den Tag, auch zu Sperrungen der US-#30 wegen der damaligen Brände auf der weiteren Strecke bei den Wasserfällen. Perfekter Service.

Am Aussichtspunkt haben wir eine tolle Sicht auf den Columbia River. Dieser stellt die Grenze zwischen Oregon (hier) und Washington (auf der anderen Seite) dar. Einige schöne Fotos gelingen auch zu der Straße, die uns hochgeführt hat.

Planmäßig rollen wir bei Hood River über eine Mautbrücke (abenteuerliche Stahlkonstruktion) auf die Washington-Seite, um von dort einen Blick auf die bewaldete Seite Oregons zu erhaschen. Und natürlich auf den Mount Hood, den wir gestern schon immer wieder im Blick hatten und der sich von hier im besten Licht zeigt - perfekte Sicht. Später soll es dann über die „Bridge of the Gods“-Brücke wieder zurück auf die andere Seite und zu den Wasserfällen gehen um dann in „Null Komma Nix“ in Portland zu sein. Doch es kommt anders. Ganz anders!

Hinter der Brücke auf die Washington Seite befindet sich nämlich ein Visitor Center. Und da tut heute eine ganz findige und engagierte Dame Dienst. Bei unserer Routenplanung haben wir uns echt viel Mühe gegeben, alles unter einen Hut zu bekommen. Was einfach nicht hineinpasste war der Mount Rainier NP und das Mount St. Helens National Volcanic Monument. Nun hatte uns in den Painted Hills eine Lady, mit der wir uns unterhielten, schon den Floh ins Ohr gesetzt, dass der Mt St. Helens von Portland aus durchaus machbar sei, z.B. am Samstag auf dem Weg nach Long Beach.

Zurück zum Vistor Center - da kann man ja mal fragen, wie das ist, übermorgen mit dem Mt. St. Helens. Die Dame schmeißt uns förmlich zu mit Infomaterial und Landkarten, zeichnet hier und skizziert da - die ist einfach unglaublich. Kurz gefasst: heute ist das Wetter perfekt, die Sicht gut und der Weg von hier aus durch den riesigen Giffort Pinchot National Forest zwar weiter, aber ungleich schöner als über die Interstate von Portland aus. Und Samstag soll das Wetter ja schlechter sein - da kann man doch besser Zeit in der Stadt verbringen und HEUTE zum Vulkan fahren …

Gesagt getan, kurz entschlossen schmeißen wir unseren Plan über den Haufen. Allerdings ist es schon ganz schön spät am Vormittag. Egal - die Zeit wird reichen, aber die Fahrt lang. Auftanken und ab in den Wald. Lange, gerade Strecken wechseln sich ab mit endlosen Kurven, bergauf, berab, Indian Summer, traumhaft.

Dann der erste Viewpoint auf den Mt St. Helens - noch ganz weit weg. Dennoch schön und wir sehen die weitestgehend unversehrte Südwand. Dann sehen wir den Berg eine ganze Weile nicht mehr, bis wir am Visitor Center des Nation Monument auf der Westseite des Vulkans ankommen. Weitere Info einholen - von hier aus noch eine Stunde Fahrt bis zum Zielpunkt. Gabi übernimmt das Steuer, wir halten an einigen Viewpoints und erreichen dann gegen 16:00 Uhr das Johnston Ridge Obervatory - direkt gegenüber der Nordflanke des Mt. St. Helens.

Im Visitor Center schauen wir uns einen Film an, gute Viertelstunde. Hier wird uns die Macht der Erdgewalten optisch und akkustisch sehr fühlbar nahe gebracht. Und wieder stehen wir staunend draußen und blicken auf die Apokalypse. Das besondere an diesem Vulkan (wir haben ja schon einige gesehen und sogar auf ihnen übernachtet - Yellowstone, Hawaii): an den gewaltigen Ausbruch am 18. Mai 1980 können wir uns beide noch gut erinnen. Nicht aber daran, was wirklich passierte:

Die komplette Nordflanke des Vulkans rutschte völig unerwartet in einem gigantischen Erdrutsch ab. Der Vulkan spie Asche bis 15 Meilen hoch in die Atmosphäre, der „Blast“ fegte ganze Wälder weg, geschmolzenes Gletschereiswasser aus dem Vulkan rauschte den Berg hinab und nahm die Baumstämme mit sich, die wiederum Brücken und Straßen beseitigten, die Landschaft veränderte sich umfassend, 57 Menschen kamen zu Tode. Die Asche verteilte sich damals um die ganze Welt.

Ich kann nur sagen: unfassbar, erst recht, wenn du dort stehst und auf die gigantischen Ausmaße des Berges, Tales etc. schaust. Einige entwurzelte oder „entzweigte“ Stämme liegen oder stehen immer noch am gegenüber liegenden Hang. Ich habe auf die Schnelle mal ein Video auf Youtube gefunden, das einen kleinen Einblick gibt - einfach klicken. Wer googelt, findet noch viel mehr dazu.

Das hat sich wieder mal echt gelohnt, nun nehmen wir die 2 Stunden Fahrt nach Portland unter die Räder, diesmal die letzte Stunde über die Interstate. Es ist nahezu dunkel, als wir ankommen und die innerstätdische Verkehrsführung der Interstates kann sich sehen lassen. Noch nie bin ich über eine 5-6-stöckige Autobahn gefahren. Wie baut man so was??

Zimmer beziehen, einmal um den Block, ein Restaurant suchen. Wir finden was ganz uriges, natürlich eine Mikro-Brauerei, den McMenamins Tavern & Pool Brew Pub. Hier wird Pool gespielt, getrunken, gegessen und gelacht. Wir sind echt hungrig, bestellen eine 16’’-Pizza (totaler Wahnsinn) und essen sie bis auf ein wenig Kruste komplett auf. Dazu habe ich wieder interessante Biere und Gabi Cider (1x mit Erdbeergeschmach, 1 x mit Blueberry). Die Bierkarte bei den Fotos gibt nur einen Auszug der vom Fass erhältlichen Biere wieder - ich hatte das „Ruby“ und das „Tropical Heart Sour“.

Wieder im Zimmer schaffen wir nur noch die Fotos, dann schauen wir noch ein wenig fern, bevor um 00:00 Uhr die Augen zufallen. Morgen (heute): ein ruhiger Tag in Portland - wenn wir nicht wieder umplanen …

Tagesetappe: 515 Kilometer gefahren
Übernachtung:
Silver Cloud Inn, Portland, OR
© 2018 Gabi & Jürgen